Kindermädchen, Urlaube, Bußgelder: Wie Strache & Co. angeblich Parteigeld nutzten

Die österreichische Justiz steht kurz vor einem möglichen Abschlussbericht zur sogenannten FPÖ-Spesenaffäre. Das berichten Der Standard und Der Spiegel unter Berufung auf amtliche Dokumente sowie Aussagen von Verfahrensbeteiligten. Im Zentrum der Ermittlungen steht der ehemalige Vizekanzler und frühere FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache. Ihm und mehreren Weggefährten wird vorgeworfen, private Ausgaben über Jahre hinweg mit Parteigeldern gedeckt zu haben.
Laut einem dem Standard und Spiegel vorliegenden Akt vom 20. September 2024 mit der Ordnungsnummer 1045 soll der Gesamtschaden 1.065.803,64 Euro betragen. Die Ermittlungen seien nahezu abgeschlossen, eine Anklage könnte zeitnah folgen, erklärte ein involvierter Anwalt gegenüber dem Standard.
Zahlreiche Ausgaben mit Steuergeld finanziert?
Die FPÖ finanziert sich überwiegend durch öffentliche Parteienförderung sowie Mitgliedsbeiträge – Mittel, die laut Strafverfolgung offenbar auch für rein private Zwecke verwendet wurden. Demnach sollen Gelder unter anderem aus folgenden Quellen entnommen worden sein:
- FPÖ-Bundespartei
- FPÖ-Landesgruppe Wien
- Freiheitlicher Parlamentsklub
- Blauer Rathausklub in Wien
Aufgelistet werden unter anderem folgende Posten:
- Urlaube: 90.225,64 Euro
- Reinigungskraft: 198.413,36 Euro
- Kindermädchen: nicht bezifferter Betrag
- Zigaretten und Süßigkeiten: 3.225,28 Euro
- Überwachung von Straches Ex-Frau: 9.564,00 Euro
- Private Feiern, Restaurantbesuche, Friseur, Kleidung, Taxi, Handys, Apotheken, Gutscheine, Versicherungen
- "Strafen Fahrzeuge": vermutlich Bußgelder und Strafzettel
Beschuldigte FPÖ-Kader bestreiten Vorwürfe
Neben Strache gelten laut Standard auch aktive FPÖ-Politiker als Beschuldigte – darunter Dominik Nepp, aktueller Wiener Landesparteichef und Spitzenkandidat bei der kommenden Landtagswahl. Während Strache dem Standard schriftlich versicherte, sich "nichts zuschulden kommen lassen" zu haben, ließ Nepp eine Anfrage unbeantwortet. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Belastet werden die beiden unter anderem von ehemaligen Sicherheitsmitarbeitern, die gegenüber den Ermittlern ausführlich ausgesagt haben sollen. Ein langjähriger Personenschützer berichtete laut Standard, dass Strache als „Politstar“ die Grenze zwischen privaten und politischen Ausgaben nicht mehr erkannt habe. Ein funktionierendes internes Kontrollsystem sei ihm nicht bekannt gewesen.
Strache weist alle Vorwürfe zurück
Heinz-Christian Strache selbst verweigert derzeit jede weitere Stellungnahme zum laufenden Verfahren, äußerte sich aber schriftlich gegenüber Der Standard. „Ich habe die mir vorgeworfenen Taten nicht begangen“, erklärte der Ex-Vizekanzler, und betonte: „Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.“
Frühzeitige Aktenvernichtung bei der FPÖ Wien
Für zusätzliche Brisanz sorgt laut Standard die mutmaßlich gezielte Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen. Die FPÖ Wien ließ demnach bereits kurz nach dem Ibiza-Skandal im Mai 2019 große Teile ihrer Buchhaltung vernichten – erhalten blieben lediglich Belege, die Strache direkt betreffen.
Ein Zeuge sagte laut Ermittlungsakten aus, es habe unmittelbar nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos eine Krisensitzung im Büro des damaligen Vizekanzlers gegeben. Dort sei der Entschluss gefallen, „die Buchhaltung der Partei verschwinden zu lassen“.
(VOL.AT)