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Kiew: Juschtschenko liegt vorn

Drei Tage vor der Wiederholung Präsidenten-Stichwahl in der Ukraine liegt der Oppositionskandidat Viktor Juschtschenko in Umfragen 14 Prozentpunkte vor seinem Konkurrenten Viktor Janukowitsch.

51 Prozent der Wähler wollten am Sonntag Juschtschenko ihre Stimme geben, aber nur 37 Prozent wollten für den amtierenden Regierungschef votieren, hieß es in einer am Donnerstag in Kiew veröffentlichten Umfrage des Instituts für Sozialforschung und des Zentrums für Sozialbeobachtung. Unterdessen trafen erste internationale Wahlbeobachter im ukrainischen Kiew ein.

Unterdessen erhob der russische Präsident Wladimir Putin schwere Vorwürfe gegen Juschtschenko und den gesamten Westen. Er hoffe nicht, dass der als Wahlsieger gehandelte Juschtschenko mit einem Team von „anti-russischen“ Politikern arbeiten werde, warnte Putin am Donnerstag bei seiner Jahrespressekonferenz in Moskau. Der Opposition in der Ukraine sowie den westlichen Ländern warf er vor, „ständige Revolutionen“ in den ehemaligen Sowjet-Staaten anzuzetteln. Die USA beschuldigte er indirekt, Russland isolieren zu wollen.

Putin sagte, er werde mit jedem neuen ukrainischen Staatschef zusammenarbeiten. Er warnte Juschtschenko jedoch, sich nicht auf eine „anti-russische und zionistische Umgebung“ zu stützen: „Das ist absolut unzulässig.“ Russland sei besorgt über Tendenzen in der Ukraine, politische Konflikte mit „ungesetzlichen Methoden“ zu lösen. Die dortige Krise sei wie ein Fußballspiel, das „mit einer Regel beginnt und mit einer anderen endet“. „Ständige Revolutionen“ könnten die Länder der früheren Sowjetunion in einen „endlosen Konflikt“ stürzen.

Auch mit den USA ging der russische Präsident hart ins Gericht. Bei seinem für Februar geplanten Treffen mit US-Präsident George W. Bush in der Slowakei werde er diesen fragen, ob die USA durch ihre Ukraine- und Tschetschenien-Politik Russland „isolieren“ oder gar „erschüttern“ wollten, sagte Putin. Vorwürfe einer russischen Einmischung in die Politik ehemaliger Staaten der Sowjetunion wies der russische Staatschef dagegen als „absoluten Quatsch“ zurück.

Unterdessen trafen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew vor der Wiederholung der Stichwahl am Sonntag Wahlbeobachter des Europäischen Parlamentes, der NATO, der OSZE und der USA ein. Nach Angaben ukrainischer Behörden haben sich rund 12.000 Wahlbeobachter für den Urnengang angemeldet. Österreich beteiligt sich mit zwölf Beobachtern.

Die erste Stichwahl vom 21. November, aus der Janukowitsch offiziell als Sieger hervorgegangen war, war vom ukrainischen Verfassungsgericht nach massivem Druck der Opposition wegen verbreiteter Unregelmäßigkeiten für ungültig erklärt worden.

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana sagte, die erneute Wahl werde seiner Einschätzung nach „frei, fair und transparent“ ablaufen. Der Verlauf des Urnengangs sei entscheidend für die künftigen Beziehungen der Ukraine zur EU.

Juschtschenko und Janukowitsch rufen zur Einheit der Ukraine auf

Vor der Präsidentenstichwahl in der politisch tief gespaltenen Ukraine am kommenden Sonntag haben beide Kandidaten zur Einheit aufgerufen. Der beurlaubte Ministerpräsident Viktor Janukowitsch sagte am Donnerstag, alle Landsleute sollten einig sein. „Die Ukraine darf nicht in Wir und Ihr geteilt werden“, erklärte er in der westukrainischen Stadt Winniza.

„Alle Versuche, die Ukraine zu spalten, sind zum Scheitern verurteilt“, hatte auch Oppositionsführer Viktor Juschtschenko gesagt, der als Favorit in die Abstimmung vom 26. Dezember geht. „Jede abgebene Stimme hilft, die Einheit des Landes zu erhalten“, betonte er am Mittwochabend vor 80.000 Anhängern auf dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt Kiew.

Für den 26. Dezember wird in Umfragen für Juschtschenko ein Vorsprung zwischen zehn und 14 Prozent vor Janukowitsch vorausgesagt.

Russland werde „jede Wahl des ukrainischen Volkes akzeptieren“, sagte Präsident Wladimir Putin am Donnerstag in Moskau. Falls Juschtschenko siege, werde er hoffentlich keine russlandfeindlichen Politiker in seiner Umgebung dulden, sagte Putin. Der Kremlchef hatte im Wahlkampf auf den an Moskau ausgerichteten Janukowitsch gesetzt und ihn von russischen Beratern unterstützen lassen. Juschtschenko bekräftigte, er wolle „die Beziehungen zum großen Nachbarn Russland ausbauen“.

Die Europäische Union (EU) rief zu einer fairen Wiederholung der Wahl auf. Der Beauftragte für Außen-und Sicherheitspolitik, Javier Solana, sagte in Brüssel: „Die Art, wie die Wahl abläuft, wird den Rahmen für die künftigen Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU setzen.“

Der wochenlange Streit hat das Meinungsbild in der Ukraine tief gespalten. Juschtschenko hat seine Anhänger vor allem im Westen und in der Mitte des Landes, Janukowitsch im Osten und Süden. Überschattet wurde der Wahlkampf von einem Dioxin-Anschlag auf Juschtschenko, den der frühere Nationalbankchef mit schwer entstelltem Gesicht überlebte.

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