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Kiew: Einspruch gegen Ergebnis angekündigt

Der bisherige ukrainische Ministerpräsident Viktor Janukowitsch will den amtlich festgestellten Sieg seines Rivalen Viktor Juschtschenko bei der Präsidentenwahl nicht anerkennen.

Janukowitsch sagte am Dienstag in Kiew, er werde vor dem Obersten Gericht der Ukraine und notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen. Er sei durch verfassungswidrige Änderungen des Wahlgesetzes um zwei Millionen Stimmen und damit um den Sieg betrogen worden.

Janukowitsch sagte in Kiew: „Wir können die Legitimiation des Präsidenten und der Wahl nicht anerkennen.“ Obwohl das Oberste Gericht bereits acht Klagen Janukowitschs zurückgewiesen hat, in denen es unter anderem um den Vorwurf ging, dass Kranke und Behinderte an der Stimmabgabe gehindert worden seien, wollten seine Anhänger nun ein 800 Seiten starkes Dossier vorlegen. Darin werde die „Annullierung der so genannten Wahlwiederholung“ gefordert, sagte Janukowitsch. Es würden zahlreiche Beweise für einen Wahlbetrug aufgeführt.

Beobachter rechneten damit, dass das Parlament nach der Entschiedung des Obersten Gerichts den Termin für die Amtseinführung Juschtschenkos festlegen wird. Die Vereidigung soll im Parlament stattfinden, gefolgt von einer symbolischen Amtseinführung auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew – dem Zentrum der wochenlangen Demonstrationen während der „orangefarbenen Revolution“, die Juschtschenko zum Sieg verhalf.

Juschtschenko muss nach seiner Vereidigung zügig die angekündigten Reformen umsetzen. Eine seiner Prioritäten ist der Abzug der 1650 ukrainischen Soldaten aus dem Irak – zum Missfallen der USA, die Juschtschenko im Streit um die Präsidentschaftswahl Rückendeckung gaben. Der scheidende Präsident Leonid Kutschma hatte am Montag die Vorbereitungen für einen Abzug der Soldaten binnen sechs Monaten angeordnet. Das Parlament verabschiedete am Dienstag eine Resolution, in der es den „sofortigen“ Abzug forderte. Die Abgeordneten legten zu Beginn ihrer Sitzung eine Schweigeminute für die acht ukrainischen Soldaten ein, die am Sonntag bei einer versehentlichen Bombenexplosion im Irak getötet worden waren.

In einer in Wien veröffentlichten Erklärung gratulierte OSZE-Generalsekretär Jan Kubis dem Wahlsieger sowie „dem ukrainischen Volk und den Institutionen, die in den vergangenen Wochen ein Beispiel für demokratische Reife und des Engegaments für demokratische Werte abgegeben“ hätten. Laut OSZE hatte sich die Wiederholung der Stichwahl „substanziell den europäischen Normen genähert“.

Mehr als zwei Wochen nach der Präsidenten-Stichwahl in der Ukraine hatte die Wahlkommission am Montagabend nach siebenstündiger Sitzung in Kiew den Sieg Juschtschenkos bekannt gegeben. Laut dem offiziellen Endergebnis erhielt Juschtschenko bei der Wiederholung der Stichwahl am 26. Dezember rund 52 Prozent der Stimmen, sein pro-russischer Gegner Janukowitsch 44 Prozent. Damit konnte Juschtschenko 2,27 Millionen Stimmen mehr auf sich vereinen als der Regierungskandidat. Die Wahlbeteiligung lag bei 77 Prozent.

Nach der ersten Stichwahl im November war Janukowitsch zum Sieger erklärt worden. Nach wochenlangen Protesten der Oppositionsbewegung gegen Wahlbetrug zu Gunsten des Regierungslagers war die Wahl annulliert und eine Wiederholung angesetzt worden.

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