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KHM-Direktor Wilfried Seipel: "Goldene" Ära, gesalzene Kritik

Gut 18 Jahre lang leitet Direktor Winfried Seipel das Kunsthistorische Museum. Mit Ende des Jahres läuft sein Vertrag aus - die Wahl zum Nachfolger findet derzeit statt. Neben bedeutenden Leistungen und Erfolgen handelte sich Seipel rund um das Museum auch viel Kritik ein. Ein Rückblick.

Im Zuge des “Saliera”-Diebstahls wurde mit Rücktrittsaufforderungen an Seipel nicht gespart. Und die Kritik wurde nicht eben leiser, als nach der Verhaftung und späteren Verurteilung des Einzeltäters klar wurde, wie relativ leicht die Sicherheitsvorkehrungen des Museums für Robert Mang zu überwinden waren.

Doch Seipel konnte sich nicht nur in dieser Causa der Rückendeckung durch die damals für Museen zuständige Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V), der er nach dem Diebstahl den Rücktritt angeboten hatte, sicher sein: Auch bei den heftigen Angriffen rund um einen kritischen Rechnungshof-Bericht stellte sich die Ministerin hinter den seit 1990 amtierenden KHM-Generaldirektor, der ebenso durch eine vom Museum ausgerichtete Geburtstagsfeier für den damaligen Kunststaatssekretär Franz Morak (V) in das Schussfeld von Medien und Opposition geriet.

Mit dem Regierungswechsel verlor Seipel diese bedingungslose politische Rückendeckung. Seit 1. April 2007 steht ihm Paul Frey als neuer kaufmännischer Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums (KHM) zur Seite.

Wilfried Seipel wurde am 5. Juni 1944 als Sohn eines Apothekers in Wien geboren. Er studierte an der Universität Wien Klassische Philologie, Alte Geschichte, Indogermanistik, Orientalistik sowie Ur- und Frühgeschichte und Assyrologie. 1966-70 studierte er in Heidelberg, erwarb sein Diplom und arbeitete als Assistent an der Papyrussammlung der Universitätsbibliothek, danach als Assistent am Ägyptologischen Institut der Uni Berlin. 1978 promovierte er an der Universität Hamburg und arbeitete anschließend am Österreichischen Archäologischen Institut in Kairo. Nach einer weiteren Assistenten-Tätigkeit in Konstanz und der Vertretung einer Professur für Ägyptologie in Hamburg wurde Seipel 1983 Direktor des Städtischen Museums Konstanz und ab 1985 Direktor des OÖ. Landesmuseums in Linz. Dort sorgte er mit Großausstellungen und zahlreichen Aktivitäten wie einem IMAX-Kino für neuen Publikumszustrom.

Seit dem 1. Oktober 1990 leitet Wilfried Seipel das KHM als Generaldirektor. Er führte das Museum zunächst in die Teilrechtsfähigkeit. Mit Beginn des Jahres 1999 erhielt das Museum die Vollrechtsfähigkeit als wissenschaftliche Anstalt, seither ist Wilfried Seipel als Geschäftsführer auch wirtschaftlich für die Institution verantwortlich. Von 1995 bis zum Jänner 2004 bespielte er das Palais Harrach als Dependance, 2001 übernahm er das Völkerkunde- und das Österreichische Theatermuseum in seinen Wirkungsbereich. Großausstellungen wie “Gold der Pharaonen” (318.000 Besucher), “El Greco” (373.000 Besucher), “Bruegel” (367.000) oder “Kaiser Karl V.” (280.000) sorgten für regen Zustrom. Die auffällig große Anzahl von “goldenen” Ausstellungstiteln (darunter u.a. “Die Magie des Goldes”, die Bernsteinausstellung “Gold des Meeres” und die Porzellanausstellung “Weißes Gold aus Europa”) begründete Seipel pragmatisch: “Gold im Titel bringt 10 Prozent Zuschauer mehr”.

Seipel hat nicht nur die internationale Vernetzung des Hauses vorangetrieben und ist über eine Kooperation Guggenheim und de Eremitage verbunden. Der Konservative mischt auch in der heimischen Kulturpolitik stark mit: Er gilt als einer der federführenden Berater bei der Erarbeitung der Grundlagen zur Ausgliederung der Museen, ist Präsident des Vereins der Freunde zur Erhaltung und Betreuung des künstlerischen Nachlasses von Fritz Wotruba und wurde 2001 Publikumsrat im ORF. 2000 erhielt er den Berufstitel “Professor” und 2001 das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kultur 1. Klasse verliehen.

Zuletzt kamen vor allem Meldungen über Geldnöte und Verzögerungen aus dem KHM: Sowohl bei der Kunstkammer als auch beim Völkerkundemuseum hapert es noch bei der Finanzierung. Beide Projekte wird Seipel nicht mehr selbst abschließen können.

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