Doch vor dem letzten, entscheidenden Superdienstag in der kommenden Woche warnen Beobachter und Berater Kerry davor, sich zu sicher zu fühlen.
Geradezu überheblich wirkte Kerrys Reaktion auf das überraschend gute Abschneiden seines Konkurrenten John Edwards bei der Vorwahl in Wisconsin vor einer Woche. Ich trete ja nicht nur gegen ihn an, sagte er über den Mann, der bei der Abstimmung nur sechs Prozentpunkte weniger einfuhr als er selbst. Natürlich ist er einer der führenden Kandidaten, fügte Kerry hinzu – eine klare Untertreibung, ist Edwards doch der einzige Mitbewerber, der ihm noch gefährlich werden könnte.
Ein Fernsehduell mit seinem zehn Jahre jüngeren Konkurrenten lehnte der 60-Jährige lange Zeit ab, erst am vergangenen Samstag stimmte er einer Debatte am kommenden Sonntag zu. Während seine Berater sein Zögern mit der Ungleichheit der beiden Kandidaten begründen – immerhin gewann Kerry bereits 15 Vorwahlen, Edwards aber erst eine, wie sie hervorheben – gibt es möglicherweise noch einen anderen Grund: Kerry spielt auf Sicherheit. Er will seinem Rivalen ungern die Möglichkeit geben, sich in einem direkten Kräftemessen zu profilieren.
Im Vergleich zu seinem jüngeren Konkurrenten wirkte der 60-Jährige in letzter Zeit erschöpft. Gesundheitsprobleme schlugen sich auf seine Stimmung nieder – das strahlende Lächeln, das wohl zu seinem Überraschungserfolg in Iowa beigetragen hat, war in Wisconsin nur noch selten zu sehen. Zudem beobachten seine Berater mit Sorge, dass Kerry wieder häufiger in Politjargon verfällt – langatmige Sätze, die im Kongress, nicht aber bei den Wählern ankommen.
Kerry gilt bei vielen als einziger demokratischer Kandidat, der gegen Präsident George W. Bush eine ernsthafte Chance hätte. Immer wieder nannten Wähler in Umfragen diese Annahme als Motiv, für Kerry zu stimmen. In Wisconsin war es jedoch Edwards, der bei Republikanern und Wechselwählern die meisten Stimmen holte – und insgesamt bei weißen Männern, der Bevölkerungsgruppe, in der die Demokraten die letzte Präsidentschaftswahl klar verloren.
Das Rennen ist also noch offen. Die Ergebnisse des kommenden Superdienstags, an dem in zehn Staaten insgesamt 1.151 Wahlmänner bestimmt werden, dürfen mit Spannung erwartet werden.