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Kern: "Wenn ich vom Ibiza-Video gewusst hätte, wäre ich nicht zurückgetreten"

Christian Kern hat der österreichischen Politik den Rücken zugekehrt.
Christian Kern hat der österreichischen Politik den Rücken zugekehrt. ©APA
Laut Tageszeitung "Österreich" soll auch Christian Kern vom Ibiza-Video gewusst haben, das der SPÖ zum Kauf angeboten wurde. Die Partei lehnte es jedoch ab, der ehemalige Bundeskanzler gibt keinen Kommentar ab.

Ex-SPÖ-Chef Christian Kern soll laut einem Bericht der Tageszeitung "Österreich" von einem an die SPÖ herangetragenen Kauf-Offert des Ibiza-Videos gewusst haben. Das gehe aus Zeugeneinvernahmen des ehemaligen Ministers und Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführers Thomas Drozda sowie Aussagen von Kern selbst hervor, so die Zeitung am Donnerstag. Weder Drozda noch Kern wollte den Bericht auf APA-Anfrage kommentieren, die ÖVP will Kern in den Ibiza-U-Ausschuss laden.

Bereits Mitte Oktober waren Aussagen von Drozda gegenüber der Staatsanwaltschaft bekannt geworden, wonach ihm ein Anwalt das Video für sechs Millionen Euro offeriert habe. Der heutige SPÖ-Mediensprecher verzichtete laut eigenen Aussagen damals darauf. Laut dem damaligen "Presse"-Bericht sei ihm Drozda das Video gegen Ende 2017 angeboten worden.

Ibiza-Video für 6 Millionen Euro angeboten

"Österreich" verweist nun auf eine der Zeitung vorliegenden Zeugenaussage Drozdas vom 12. Oktober 2020. Demnach sei der SPÖ das "gesamte 10-stündige Videomaterial vom Ibiza-Video und belastende Fotos von Strache und Gudenus um 6 Millionen Euro" angeboten worden. Laut diesem Bericht soll der Besuch Drozdas beim "Drahtzieher des Ibiza-Komplotts" allerdings 2018 stattgefunden haben, so der Bericht. "Ich war dann am 12. April 2018 in der Rechtsanwaltskanzlei. Zweck dieses Treffens war für mich, zu sondieren - und das war auch der Auftrag des damaligen Parteivorsitzenden Christian Kern. Er sagte vor dem Termin zu mir: ,Hör dir das einmal an.'", zitiert "Österreich" aus dem Protokoll. Drozda habe in der Zeugeneinvernahme auch angegeben, "zwei Fotos" gesehen zu haben, offenbar von Taschen mit Bargeld.

Einen Tag nach dem Treffen soll Drozda mit dem damaligen Parteichef Kern darüber gesprochen haben: "Der Parteianwalt sei dann 'mit weiteren Gesprächen zur Sache beauftragt' worden", zitiert "Österreich" aus dem Protokoll. Am 24. April 2018 soll der Drahtzieher einem von der SPÖ beauftragten Anwalt dann einen Teil des Videos ansehen haben lassen. "Ich nehme an, dass es ein paar Minuten des Materials war, das später veröffentlicht worden ist", soll Drozda laut der Zeitung ausgesagt haben. Der SPÖ-Abgeordnete selbst wollte am Donnerstag den Bericht auf APA-Anfrage nicht kommentieren. Er habe seine Aussage vor den Behörden gemacht und werde auch im Ibiza-U-Ausschuss aussagen, hieß es lediglich aus seinem Büro.

Wette um eine Flasche Wein

Kern hatte dann am 25. April 2018 in der ORF-Sendung Klartext mit Heinz-Christian Strache öffentlich um eine Flasche Wein gewettet, dass er "sicher länger Parteichef" bleiben werde als der FPÖ-Chef. Kern sei dazu auch von den Ermittlern befragt worden - und zwar am 21. Oktober, so "Österreich". "Nein. Das steht keineswegs in Verbindung", soll er dabei ausgesagt haben. "Wenn ich gewusst hätte, dass es dieses Kompromat gibt, hätte ich mit Sicherheit in meiner Rolle als SPÖ-Vorsitzender abgewartet und wäre nicht vorzeitig zurückgetreten." Laut "Österreich" soll dann am 9. Mai 2018 eine schriftliche Ablehnung des Offerts durch die SPÖ erfolgt sein. Auch Kern lehnte auf APA-Anfrage eine Stellungnahme ab.

Wolfgang Gerstl, ÖVP-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, sprach in einer Aussendung am Donnerstag von einem "wichtigen Wendepunkt in der Aufklärung des Ibiza-Skandals". "Kanzler Christian Kern und Parteigeschäftsführer Thomas Drozda waren schon 2018 voll informiert über das Ibiza-Video und dessen Inhalte. Sie waren offenbar auch gewillt, sechs Millionen Euro für das Video zu bezahlen und ließen einen SPÖ-Anwalt schon Detailgespräche führen. Was wusste die Führungsspitze der SPÖ wirklich über das Ibiza-Video und auch dessen Produktion?" Und Gerstl will auch wissen, wer der genannte SPÖ-Anwalt ist.

Kern müsse nun "schnellstmöglich in den U-Ausschuss geladen" und "genau befragt" werden. "Ich möchte auch wissen, ob Kern als aktiver Kanzler seiner Pflicht nachgekommen ist, die Existenz des Videos und dessen Inhalt bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen", so der ÖVP-Mandatar.

(APA/red)

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