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Kennedy-Attentat: Die Tatwaffe und die Präsidentenlimousine

Seltsamerweise wurde die Limousine nach dem Attentat und den forensischen Untersuchungen nicht aus dem Verkehr gezogen.
Seltsamerweise wurde die Limousine nach dem Attentat und den forensischen Untersuchungen nicht aus dem Verkehr gezogen. ©AP/ James W. "Ike" Altgens
Manche Fahrzeugtypen erlangen durch Attentate traurige Berühmtheit: Dies gilt für den Gräf & Stift-Personenwagen, in dem der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand ermordet wurde ebenso, wie für die Limousine, in der John F. Kennedy saß, als in Dallas die tödlichen Schüsse auf ihn abgegeben wurden.

Beide Fahrzeuge landeten übrigens in Museen: der Gräf & Stift im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien, der Lincoln Continental im Henry Ford Museum in Dearborn bei Detroit, Michigan.

Der dunkelblaue Lincoln Continental der Ford Motor Company war vom Geheimdienst Secret Service – der den US-Präsidenten zu schützen hat – geordert worden. Der viertürige, etwas umgebaute 1961er Convertible (Cabrio) war bei Hess & Eisenhart in Cincinnati, Ohio gebaut worden. Wegen der Spezialausführung für den Secret Service trug das Präsidentenauto die Bezeichnung Lincoln Continental SS-100-X. Seltsamerweise wurde die Limousine nach dem Attentat und den forensischen Untersuchungen nicht aus dem Verkehr gezogen. Sie wurde allerdings bis auf das Fahrgestell und den Motor demontiert, wiederhergestellt und – Lehren aus der Ermordung Kennedys – mit einer Panzerung und einem geschlossenen Dach versehen.

Lincoln Continental heute in Museum

Das Fahrzeug wurde noch einige Jahre vom Weißen Haus für die Präsidenten Lyndon B. Johnson und Richard Nixon verwendet. Danach ging es ans Museum in Dearborn. Die Ausstellung beinhaltet auch einige weitere skurrile Exponate aus der amerikanischen Geschichte – so unter anderem den Sessel, auf dem US-Präsident Abraham Lincoln im Ford Theatre in Washington saß, als er ermordet wurde; und jener aus der Zeit der Rassentrennung im US-Süden bekannte General Motors-Linienbus aus Montgomery, Alabama, in dem die schwarze Bürgerrechtlerin Rosa Parks sich 1955 weigerte, ihren Sitzplatz einem Weißen zu überlassen.

Carcano 91/38, Kaliber 6,5 mm x 52 – bei Nennung dieser Bezeichnung weiß man in den USA sofort, dass aus dieser Waffe die Schüsse auf Präsident John F. Kennedy abgefeuert wurden. Dabei gilt das von Salvatore Carcano konstruierte “Fucile di Fanteria” (Infanteriegewehr) als – waffentechnisch gesehen – nicht sehr leistungsfähig: Die Ballistik ist nicht sehr präzise und die Patrone von sowohl schwachem Kaliber als auch Treibladung. Das Carcano-Gewehr und die zugehörigen Patronen – die Geschoßköpfe sind nicht spitz, sondern abgerundet – galt bereits vor dem ersten Weltkrieg als veraltet, dennoch blieb es der Standardkarabiner der italienischen Streitkräfte in beiden Weltkriegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte eine Anzahl Beutewaffen nach Amerika, aus diesen dann offenbar auch privat verkauften Beständen dürfte der Attentäter Lee Harvey Oswald die Waffe – mit kürzerem Lauf als die Standardversion – erstanden haben. Er ließ sie sich per Post zusenden. Bereits moniert war ein Zielfernrohr der Ordnance Optics 4 x 18 – letzteres bedeutet vierfache Vergrößerung, innerhalb eines Kreisbogens von 18 Grad.

Unter Experten war es umstritten, ob für Schüsse aus einer Waffe wie dem Carcano in kurzer Zeit auf ein bewegliches Ziel eine Aussicht auf Treffer bestehen konnte. Das Modell 91/38 war zwar im Jahr 1938 modernisiert worden, dennoch erfordert es einen geübten Schützen, folgende Leistung zu schaffen: Aus zwar guter, erhöhter Schussposition auf eine Entfernung von doch rund 150 bis 200 Metern in einer Zeit zwischen fünf bis acht Sekunden drei Schüsse durch eine Baumgruppe abzugeben. Da das Carcano keine automatische Waffe ist, musste der Schütze jedes Mal repetieren und das Ziel neu auffassen, was gut und gern ein bis zwei Sekunden dauert. Dies hat auch zahlreiche Verschwörungstheoretiker beflügelt und die Theorie vom Einzeltäter Oswald zweifelhaft erscheinen lassen.

Das Gewehr und die Pistole Oswalds, ein Smith & Wesson, Kaliber .38 mit Kurzlauf – mit der er auf der Flucht den Polizisten J. D. Tippit knapp vor seiner Verhaftung erschoss – sind heute im National Archives and Records Administration Building in College Park im US-Bundesstaat Maryland verwahrt. Im Internet tauchen immer wieder Anfragen auf, wie man denn zu einem Gewehr “wie jenes von Oswald” kommen könnte. (APA)

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