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Keinen eigenen FDP-Kandidaten für Köhler-Nachfolge

Die deutschen Liberalen (FDP) werden nach Angaben ihres parlamentarischen Geschäftsführers Otto Fricke ohne eigenen Kandidaten in die Wahl des Bundespräsidenten gehen.

Auf die Frage, ob es einen Bewerber mit FDP-Parteibuch geben werde, sagte Fricke am Mittwoch im Deutschlandfunk: “Nein, das wird wohl so nicht kommen.” FDP und Union seien nicht nur im Bundestag, sondern auch in der Bundesversammlung in einer Koalition. “Und da haben wir die Aufgabe, einen entsprechenden Vorschlag gemeinsam zu machen, der eine möglichst hohe Akzeptanz hat”, sagte der FDP-Politiker. Am Dienstagabend hatte das FDP-Präsidium mehrere Stunden über die Nachfolge des zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler beraten.

Die christlich-liberale Koalition will ihren Kandidaten, den sie gemeinsam bei der Wahl durch die Bundesversammlung ohne weitere Unterstützung durchbringen könnte, rasch benennen. Der Name solle möglichst noch vor einer am Sonntag beginnenden Klausur feststehen, hieß es am Mittwoch aus Koalitionskreisen. In der kommenden Woche könnten dann die Bundestagsfraktionen darüber beraten. CSU-Chef Horst Seehofer wird am Koalitionsausschuss am kommenden Dienstag in Berlin teilnehmen.

Das neue deutsche Staatsoberhaupt wird am 30. Juni gewählt. Es mehren sich die Hinweise auf eine Nominierung von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel favorisiere die Ärztin aus Niedersachsen als Nachfolgerin für Köhler, erfuhr Reuters aus Koalitionskreisen. Dies stoße bei CDU und CSU auf breite Zustimmung. Nach einem Bericht des “Kölner Stadt-Anzeigers” könnten der Arbeitsministerin im Kabinett der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers oder Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (beide CDU) nachfolgen. Rüttgers hatte auf diese Spekulation angesprochen am Dienstagabend erklärt: “Mein Platz ist in Nordrhein-Westfalen.”

In der engeren Auswahl für die Präsidentschafts-Kandidatur ist wohl auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Von der Leyen wird vor allem für ihre Familien- und Sozialpolitik über Parteigrenzen hinweg geschätzt und gilt als Frau mit großem Durchsetzungsvermögen, hieß es in Koalitionskreisen. Für Lammert spreche seine souveräne Amtsführung und parteiübergreifende Anerkennung als Bundestagspräsident. Die Opposition fordert eine Persönlichkeit, die von allen unterstützt werden könnte.

Das FDP-Präsidium beriet am Dienstag auf ihrer Sondersitzung bis spät in die Nacht. “Wir werden uns verständigen, wer ein gemeinsamer Kandidat der Koalition sein kann”, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Cornelia Pieper zur Präsidenten-Fragen vor der Sitzung. Es komme dabei auch darauf an, dass die Opposition in die Zustimmung eingebunden werde. Die CSU will sich am heutigen Mittwoch verständigen.

Unterdessen werden in der deutschen Kulturszene auch die Namen Martin Walser und Joachim Gauck als geeignete Bundespräsidenten genannt. Künstler wie der Musiker Heinz Rudolf Kunze und der Philosoph Rüdiger Safranski suchen dabei in erster Linie nach politisch unverbrauchten Persönlichkeiten. “Warum nicht ein großer Schriftsteller wie Martin Walser, der sich jahrelang mit Deutschland auseinandergesetzt hat”, sagte Kunze am Dienstag in Hannover der Nachrichtenagentur dpa. Walser hat Verständnis für den Rücktritt Köhlers geäußert und die Rolle der Medien kritisiert. “Der Präsident sagt klipp und klar, er trete zurück, weil ihm in der öffentlichen Meinung unterstellt werde, er befürworte Bundeswehr-Einsätze, die vom Grundgesetz nicht gedeckt wären. Dass in den Medien dem Bundespräsidenten Verfassungsbruch unterstellt wird, und keiner schreit auf außer er selbst, das ist ihm zu viel”, sagte Walser am Dienstag in Überlingen am Bodensee der dpa. Safranski brachte am Dienstag zwei ostdeutsche Kandidaten ins Spiel: den einstigen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck (70), und den sächsischen Theologen Richard Schröder (66). Sowohl Kunze als auch Safranski konnten den drastischen Schritt Köhlers nicht nachvollziehen. Auch die Schriftstellervereinigung PEN kritisierte Köhler für seinen überraschenden Rücktritt am Montag.

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