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Keine Täuschungsabsicht: Plagiatsverfahren gegen Aschbacher eingestellt

Ex-Arbeitsministerin Aschbacher darf ihren Titel behalten.
Ex-Arbeitsministerin Aschbacher darf ihren Titel behalten. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Die FH Wiener Neustadt hat das wegen Plagiatsvorwürfen eingeleitete Überprüfungsverfahren zur Diplomarbeit von Christine Aschbacher eingestellt. Der Ex-Arbeitsministerin wird der Titel nicht aberkannt.
Aschbacher tritt zurück
Plagiatsvorwürfe gegen Arbeitsministerin

Ein Gutachten der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) ortete zwar "Mängel bei der Einhaltung der Standards guter wissenschaftlicher Praxis", sah aber die für eine Titel-Aberkennung nötige Täuschungsabsicht nicht verwirklicht, hieß es in einer Aussendung der FH.

Überprüfungsverfahren nach Plagiatsvorwürfen

Der als "Plagiatsjäger" bekannte Sachverständige Stefan Weber hatte Anfang des Jahres in der Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 "Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse" geortet. Die FH hatte daraufhin das Verfahren eingeleitet. Zurückgetreten war Aschbacher weniger aufgrund dieser Vorwürfe, sondern wegen kurz darauf bekanntgewordener Passagen aus ihrer Dissertation an der Technischen Universität Bratislava. Auch gegen diese erhob Weber Plagiatsvorwürfe und ortete mangelhaftes Deutsch - bekannt wurden vor allem Stellen, in denen ein "Forbes"-Artikel ins Deutsche übersetzt wurde: "Annahmen sind wie Seepocken an der Seite eines Bootes; sie verlangsamen uns." Das Plagiatsverfahren in der Slowakei läuft noch. Aschbacher selbst hatte sich damit verteidigt, sowohl Diplomarbeit als auch Dissertation "nach bestem Wissen und Gewissen" verfasst zu haben.

Prüfung ortete Mängel, aber keine Täuschungsabsicht

Für die Prüfung der Diplomarbeit wählte die FH Wiener Neustadt den in Österreich üblichen Weg. Sie bat die ÖAWI um eine Prüfung, die wiederum externe Gutachter beauftragte. Maßstab dabei waren die bei der Verfassung im Jahr 2006 geltenden Rahmenbedingungen. Bei der Prüfung seien zwar Mängel bei der Einhaltung der Standards guter wissenschaftlicher Praxis festgestellt worden."Eine bewusste und gezielte Täuschungsabsicht wurde jedoch nicht nachgewiesen", hieß es in der Aussendung der FH. "Der Widerruf des akademischen Grades ist somit nicht begründbar." Dementsprechend sei das Verfahren eingestellt worden.

Zunächst hatten "Krone" (online) und "Exxpress" über das Gutachten berichtet. Die Ministerin sei "sehr erleichtert", hieß es dort. In die Politik zurückkehren woll sie aber nicht.

Aschbacher dürfte auch PhD-Titel behalten

Aschbacher dürfte auch ihren an der Slowakischen Technischen Universität (STU) in Bratislava erworbenen PhD-Titel behalten dürfen. Die Überprüfung der Plagiatsvorwürfe gegen ihre Dissertation dürfte zwar frühestens im November abgeschlossen sein , so Universitäts-Sprecher Juraj Rybansky zur APA. Selbst bei einer Bestätigung ist mit einer Titel-Aberkennung aber nicht zu rechnen.

Um in der Sache konsequent vorzugehen, seien ausländische Experten mit der Analyse von Aschbachers Arbeit beauftragt worden. Auf deren Analyse werde aber weiterhin gewartet, so Rybansky.

ÖVP fordert Entschuldigung

Die ÖVP fordert nach der Entscheidung der FH Wiener Neustadt eine Entschuldigung der Opposition bei Aschbacher. "Einmal mehr hat der Realitätscheck bewiesen, dass die mediale Hetzjagd, befeuert von den Oppositionsparteien, schon vor vollständiger Aufklärung der Wahrheit unwiderrufliche Folgen hatte", so Generalsekretär Axel Melchior in einer Aussendung.

"Umgehauen" hat die Einstellung des Verfahrens dagegen "Plagiatsjäger" Stefan Weber, der entsprechenden Textstellen in Aschbachers Arbeiten öffentlich gemacht hatte. "Offenbar habe ich einen zu strengen Plagiatsbegriff, sage ich einmal ironisch", meinte Weber zur APA.

Die Entscheidungen der vergangenen Jahre zu den Arbeiten von Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP), Staatsoperndirektor Bogdan Roscic, Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda und jetzt eben Aschbacher seien immer demselben Muster gefolgt: "Ich finde Textteile, die haben keine Anführungszeichen und keine Fußnoten, und ich nenne das Plagiat. Offenbar bin ich da zu streng. Dann müsste ich aber auch bei der Uni Salzburg anrufen, dass sie mir 1989 die Zitierregeln zu streng beigebracht haben. Ironie off."

Plagiatsjäger Weber: "Bin offenbar zu streng"

Derzeit werde im Auftrag des Bildungsministeriums ein Wiki zum Thema Zitier-Standards erarbeitet, dessen Erstautor er sei. "Da bin ich offenbar der falsche Mann dafür, weil ich zu streng bin", meinte Weber. Von seinen Kollegen bei diesem Projekt habe er das allerdings noch nicht gehört.

Es gehe ihm ja auch nicht darum, dass Aschbacher oder andere Personen ihre Titel verlieren. "Was mich wurmt: In den ganzen Mitteilungen steht dann immer, dass 'Mängel in der wissenschaftlichen Praxis' gefunden wurden, aber keine Täuschungsabsicht nachgewiesen werden konnte. Aber keiner beantwortet die Frage: Wurde jetzt plagiiert? Für mich ist das verlogen. Man soll doch sagen: Ist es ein Plagiat oder nicht? Die andere Frage ist, ob es studienrechtlich relevant ist. Ich habe kein Problem damit, wenn die Hochschule sagt: Nein, es ist nicht relevant. Aber dass man nicht über den Mund bringt zu sagen, dass plagiiert wurde oder nicht.. .Warum nennt man das Ding nicht beim Namen?"

Interessant wäre auch, die Gutachten zumindest in Auszügen zu veröffentlichen, meinte Weber. So könnte man wenigstens die Argumentationslinie erkennen. "Warum sagt man, da gab es eine Täuschungsabsicht bzw. da gab es keine?"

(APA/Red)

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