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Keine leichte Wahl

Die Schweizer sollen am kommenden Sonntag wieder einmal in einem Referendum über eine Verschärfung des Asylrechts entscheiden.

Und obwohl es so gut wie keine gesellschaftlich bedeutsame Gruppe im Lande gibt, die sich für die so genannte Asylinitiative der rechts-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) ausgesprochen hat, ist das Ergebnis durchaus ungewiss. Die Schweiz sieht sich pro Kopf ihrer Einwohner gerechnet mit dem höchsten Anteil an Asylgesuchen in Europa konfrontiert. Die einfachen SVP-Parolen, die das Asylersuchen weitgehend auf das Problem Wirtschaftsflüchtlinge reduziert, stoßen bei der Bevölkerung auf offene Ohren.

Die Schlagzeilen der letzten Wochen sind Wasser auf die Mühlen der Asylgesetz-Verschärfer: Ausländer greifen junge Mädchen in einem Zürcher Nahverkehrszug an. Ausländer sind in großem Maß im Drogenschmuggel aktiv. Ausländer reisen von Frankreich kommend zu Dutzenden in die Schweiz ein. Gerade darauf hat es die SVP-Initiative abgesehen: Wer aus einem – wie es heißt – sicheren Transitstaat kommt, soll zukünftig gar nicht mehr das Recht haben, einen Asylantrag zu stellen. Das trifft auf fast 95 Prozent der Einreisenden zu, denn diese kommen zumeist aus den Anrainerstaaten Deutschland, Frankreich, Italien oder Österreich.

Die SVP geht noch weiter: Fluggesellschaften, die Asylsuchende in die Schweiz transportieren, sollen regresspflichtig gemacht werden. Die Fürsorgeleistungen sollen auf ein Minimum und reine Sachgaben verringert werden. Zudem ist ein Arbeitsverbot vorgesehen. Die christdemokratische Justizministerin Ruth Metzler spricht von einer Scheinlösung. „Das Begehren ist auf den ersten Blick vielversprechend, bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich aber als untauglich, die Probleme im Asylwesen zu lösen.“ Es verringere die Zahl der Asylsuchenden nicht, und deren Rückführung in einen Nachbarstaat wäre nicht sichergestellt, sagte die Ministerin.

Nach Ansicht linksgerichteter Parteienbündnisse wäre eine Annahme des Vorschlags ein Bruch mit der humanitären Tradition der Schweiz. Dort leben derzeit etwa 90 000 Menschen, die dem „Asylbereich“ zugerechnet werden, also bereits anerkannt oder Antragsteller sind. Die Kosten dafür liegen bei rund einer Milliarde Franken (690 Millionen Euro) jährlich.

Es ist der zweite Versuch der SVP, eine Volksabstimmung über das Asylgesetz zu gewinnen. Der erste scheiterte vor sechs Jahren. Diesmal könnte die Abstimmung dazu dienen, die Partei des Millionärs Christoph Blocher für die Parlamentswahlen im kommenden Oktober zu stärken. Denn auch die Schweiz durchlebt derzeit Krisen in Wirtschaft und Politik. Da ist die Asyl-Abstimmung ein guter Testballon für die Sicht im Lande.

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