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Keine Änderungen am Nahost-Fahrplan

Der neue palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas will keine Verhandlungen über Veränderungen des internationalen Nahost-Friedensfahrplans akzeptieren.

„Der Fahrplan muss umgesetzt, nicht verhandelt werden“, sagte er am Dienstag in seiner Rede vor dem Legislativrat in Ramallah. Die Abstimmung über seine Ministerliste verzögerte sich. Die Bestätigung des Kabinetts galt als sicher. Unterdessen starben bei israelischen „Liquidierungsaktionen“ in den besetzten Gebieten wieder vier Palästinenser.

Der Fahrplan (Roadmap) des Nahost-„Quartetts“ (USA, UNO, Russland, EU), dessen Veröffentlichung US-Präsident George W. Bush von der Bildung der neuen palästinensischen Regierung abhängig gemacht hatte, soll zur Errichtung eines unabhängigen Palästina bis 2005 führen. Israel hat 15 gravierende Einwände gegen den Fahrplan, der unter anderem das Ende seiner Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten festlegt; dazu gehört auch, dass es nach den Forderungen der Israelis keinen festen Zeitplan für die Verwirklichung des Plans geben soll. Außerdem müsse einem Einfrieren des Siedlungsbaus eine „lange Periode“ ohne bewaffnete Zwischenfälle vorausgehen. Die Umsetzung des Plans soll, so verlangt es die Regierung von Premier Ariel Sharon, allein von den USA und nicht vom gesamten Quartett überwacht werden.

Abbas kündigte in seiner Rede vor dem Parlament verstärkte Sicherheitsmaßnahmen und ein entschiedenes Vorgehen gegen Extremisten an: „Die Regierung wird sich vor allem auf die Sicherheit konzentrieren.“ Er stellte Aktionen der Sicherheitskräfte gegen illegalen Waffenbesitz in Aussicht. Gleichzeitig forderte er die vollständige Beendigung der israelischen Besatzung. Sie sei „die Wurzel unseres Leidens und die Hauptquelle unserer Probleme“. Auch Parlamentspräsident Ahmed Korei (Abu Ala) forderte in einer Rede die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Israel auszuüben und das Ende der Okkupation zu erwirken.

Präsident Yasser Arafat hatte zuvor die Abgeordneten aufgerufen, dem neuen Kabinett das Vertrauen zu schenken. An seinen „Bruder“ Abbas appellierte er, in der „Stärkung der nationalen Einheit“ die wichtigste Aufgabe zu sehen und den Dialog „nach innen und nach außen“ zu führen. Am Montag hatte das Zentralkomitee der Fatah-Organisation von Arafat und Abbas dem neuen Kabinett das Vertrauen ausgesprochen. Der Fatah-Mehrheitsfraktion gehören 62 Parlamentarier an.

Nur wenige Stunden vor der Sitzung des Parlaments in Ramallah waren bei zwei israelischen Hubschrauberangriffen im Westjordanland und im Gaza-Streifen mindestens vier Palästinenser getötet worden. Nach Augenzeugenberichten feuerte ein Kampfhubschrauber Raketen auf ein Fahrzeug in Khan Yunis ab. Dabei kam Nidal Salame ums Leben, ein führendes Mitglied der radikalen Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP). Auch ein unbeteiligter Bauer, der mit seinem Eselkarren unterwegs war, wurde dabei getötet. Kurz zuvor hatte ein israelischer Kampfhubschrauber Raketen auf ein Haus in Bethlehem abgefeuert und zwei militante Palästinenser getötet. Arafat verurteilte die Angriffe als Versuch Israels, Fortschritte auf der palästinensischen Seite und die Umsetzung des Friedens-Fahrplans zu sabotieren.

Israel will die künftige palästinensische Regierung an ihrem „Kampf gegen terroristische Organisationen“ messen und fordert von Abbas ein entschiedenes Vorgehen gegen radikale Gruppen wie Hamas und den „Islamischen Heiligen Krieg“. Diese warnten die neue palästinensische Regierung davor, dem „islamischen Widerstand den Krieg zu erklären“. Das neue Kabinett werde daran gemessen, wie es die israelische Besatzung bekämpfe, sagte ein Hamas-Sprecher.

Israels Geheimdienste gehen davon aus, dass der Iran versuchen wird, den möglicherweise wieder in Gang kommenden Nahost-Friedensprozess durch gezielte Anschläge und die Unterstützung palästinensischer Extremisten zu stören. Nach israelischen Presseberichten sagte der Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Beth, Avi Dichter, bei einer Kabinettssitzung am vergangenen Sonntag, Israel habe Beweise dafür, dass Teheran hinter dem jüngsten Selbstmordanschlag eines Palästinensers in der vergangenen Woche in der Stadt Kfar Saba stehe. Bei dem Anschlag wurden ein israelischer Wachmann und der Attentäter getötet. Das Attentat sei von einer Extremistengruppe geplant und ausgeführt worden, die direkte Unterstützung durch die Revolutionären Garden (Pasdaran) aus dem Iran erhalten habe. Der Iran übe Druck auf verschiedene radikale Gruppen aus, gegen Abbas zu handeln, um eine Annäherung mit Israel zu verhindern. Es entstünden ständig neue Terrorzellen in den besetzten Gebieten, warnte Dichter.

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