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Kathedralen der Kultur - Kritik und Trailer zum Film

Ungewöhnliche Zusammenarbeit von Wim Wenders, Robert Redford und vier weiteren namhaften Regisseuren: In dem Dokumentarfilm "Kathedralen der Kultur" erforschen sie mit den Mitteln der 3D-Technik die "Seele" besonderer Bauwerke - von der Berliner Philharmonie über das Centre Pompidou in Paris bis zum Halden Gefängnis in Norwegen.

Manchmal klingen Projekte in der Theorie einfach besser, als sie in der Praxis dann wirken: So geht es einem leider auch mit Wim Wenders’ aktuellem Mammut-Projekt “Kathedralen der Kultur”. Jenem 3D-Gemeinschaftswerk, in dem sechs Regisseure – darunter auch der kürzlich verstorbene Michael Glawogger – ebenso viele Kulturbauten in den Fokus rücken. Ab 17. Oktober in einer gekürzten Fassung im Kino.

Bauwerke im Fokus

Klar, es ist ein ungewöhnlicher Zugang, einem Bauwerk eine eigene Stimme zu verleihen, um es (aus dem Off) von seiner Geschichte, seinen Geheimnissen und seinen Wünschen erzählen zu lassen. Die Menschen in ihm wirken wie Statisten, die im Laufe der Zeit kommen und gehen, während das Gebäude als (stiller) Zeuge überdauert. Allein, eine Ich-Erzählung, oder genauer: ein innerer Monolog ist eine literarische Gattung, bei der wirklich viel schief gehen kann, wenn sie nicht ernst genommen wird. Und das passiert leider im Gros der Beiträge, die neben Wenders und Glawogger auch von Regisseuren wie Michael Madsen, Karim Ainouz, Robert Redford und Margarete Olin stammen.

So deprimierend-schön die Bilder aus dem schicken Hochsicherheitsgefängnis Halden in Norwegen, das in einem erweiterten Kulturbegriff als “Kulturbau” zu verstehen ist, auch sind: Rein aus logischen Gründen müsste es einer Gefängnismauer schon unmöglich sein, aus dem Inneren der Zellen zu erzählen, was sie in Michael Madsens bildgewaltigem, paradox idyllischem Beitrag allerdings freimütig tut. Das führt zu einem diffus-unangenehmen Bruch in der filmischen Erzählung über dieses außergewöhnliche Gefängnis, über das man eigentlich gerne mehr wissen möchte.

Auch das 1977 von Renzo Piano und Richard Rogers erbaute Pariser Centre Pompidou bedarf eigentlich keines (holprigen) Kommentars, da der brasilianisch-algerische Regisseur Karim Ainouz ohnehin opulente Bilder des zur Ikone gewordenen Bauwerks eingefangen hat, die ganz für sich sprechen.

Einzig Michael Glawogger hat sich diesem sehr gewollt wirkenden Trick entzogen und lässt in seinem Porträt der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg Stimmen aus großen Klassikern der russischen Literatur erklingen, während er mit seiner Kamera durch die verwinkelten Regalschluchten gleitet. Das verleiht Authentizität, wenn der im April verstorbene Filmemacher die Arbeit der alten, fleißigen Bibliothekarinnen zeigt, die behutsam mit ihren Zettelkästen hantieren. Doch ausgerechnet hier kommt die 3D-Technik am schlechtesten zur Geltung. Große Schwenks durch Räume voller Bücher machen das Bild schnell unscharf, die Tiefe der schmalen Gänge wird durch ihr Durchschreiten nicht unbedingt fassbarer. Glawoggers Beitrag ist ein solides Werk, das auch in 2D vollkommen überzeugen würde.

Kritik zur Doku “Kathedralen der Kultur!

Ganz anders Wim Wenders, dem man in seinem Porträt über Hans Scharouns Berliner Philharmonie seine schon in “Pina” eindrucksvoll bewiesene Könnerschaft in Sachen 3D in jeder Einstellung anmerkt. Die weiten Hallen, die verschränkten Treppen und schließlich der imposante Konzertsaal kommen in 3D hervorragend zur Geltung. Auch hier ist der Gehalt der Erzählung (Off-Stimme: Meret Becker) enden wollend und allzu pathetisch, stört aber weniger als in anderen Beiträgen.

Schade ist, dass in den heimischen Kinos größtenteils auf den vollen Umfang des Films verzichtet wird. So entschloss sich der Verleih, nur die genannten vier Filme zu zeigen, die beiden Arbeiten von Robert Redford (über das Salk Insitute in Santa Monica) und Margarete Olin (über das Opernhaus in Oslo) wurden auch bei der Pressevorführung nicht präsentiert und nur in vereinzelten Kinos programmiert (Leokino Innsbruck, KIZ Royal Graz, Neues Volkskino Klagenfurt, DAS Kino Salzburg, Moviemento Linz und “fallweise auch” im Wiener Votivkino).

Doch auch bei den 111 Minuten der gekürzten Fassung (Original: 164 Minuten) beschleicht den Zuschauer das eine oder andere Mal der Drang, auf die Uhr zu blicken – oder das Bedürfnis, diese “Kathedralen der Kultur” auch einmal selbst zu besuchen. Bis auf das Hochsicherheitsgefängnis sicherlich lohnende Ausflüge.

Trailer zum Dokumentarfilm:

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