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Kassenfusion: Berechnungen von Hartinger-Klein widerlegt

Das Gutachten hat "methodische und inhaltliche Schwächen" festgestellt.
Das Gutachten hat "methodische und inhaltliche Schwächen" festgestellt. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Die Zusammenlegung der Krankenkassen wurde einem Gutachten unterzogen. Dabei wurden "methodische und inhaltliche Schwächen" festgestellt.

"Methodische und inhaltliche Schwächen" attestiert ein von der Arbeiterkammer in Auftrag gegebenes Gutachten den Berechnungen einer Studie der Wiener Wirtschaftsuniversität zur Zusammenlegung der Krankenkassen. Diese noch von der damaligen FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein beauftragte Studie hatte eine jährliche Kostensenkung von 277 bis 337 Millionen Euro nach fünf Jahren in Aussicht gestellt.

Krickl: Studie sei unausgewogen in der Argumentation

Das neue Gutachten von Otto Krickl vom Institut für Organisation und Institutionenökonomik der Uni Graz attestiert der Studie der Wiener Wirtschaftsuniversität "eine Unausgewogenheit in der Argumentation, indem Potenziale weitgehend überbewertet, mögliche Zusatzkosten bzw. negative Effekte hingegen kleingeredet werden. Mangels echter Quantifizierbarkeit von Effizienzpotenziale wurden zum Teil auf Basis nicht transparenter Annahmen Modellrechnungen erstellt, die mit den Regeln einer guten wissenschaftlichen Praxis unvereinbar sind." Und weiter kritisiert Krickl: "Aus einer rein betriebswirtschaftlichen Sicht lassen sich die ermittelten Effizienz- und Effektivitätspotenziale weder der Höhe nach noch in der Sache rechtfertigen."

In Hartinger-Kleins Studie werden die gesamten Verwaltungskosten mit 1,57 Milliarden Euro angenommen. Das beinhalte aber alle Sozialversicherungsträger und nicht nur die von der Fusion betroffenen Krankenkassen. Statt der behaupteten Verwaltungseinsparungen von rund 100 Millionen Euro ist laut Krickl nur mit rund einem Drittel zu rechnen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass im Ministeriumsgutachten die Beschaffungskosten doppel berücksichtigt worden seien. Außerdem seien bestehende Einkaufskooperationen nicht herangezogen worden. Dass in den Modellrechnungen unterstellt werde, dass bisher keine trägerübergreifenden Maßnahmen zur Effizienzsteigerung umgesetzt worden seien, entspreche nicht den Tatsachen. Und im Bereich der Heilbehelfe und Hilfsmittel seien "die dargestellten Potenziale weitgehend bereits ausgeschöpft worden." Auch die angeführten Einsparungen von 27 bis 40 Mio. Euro im IT-Bereich sind laut der AK-Studie nicht nachvollziehbar.

Fusionskosten sind nicht nachvollziehbar

Nicht nachvollziehen kann der von der AK beauftragte Gutachter auch die in der Ministeriumsstudie genannten Fusionskosten, die auf das 2 bis 2,5 fache der Fusion der Pensionsversicherungsanstalten, in Summe auf 300 bis 400 Mio. Euro, geschätzt werden. Für Krickl sind diese Berechnungen "realitätsfremd", weil auch die Komplexität unterschätzt werde und negative Einmaleffekte fehlen würden. Im Gegensatz zur Studie der Wiener Wirtschaftsuni bewertet Krickl auch das Risiko eines Scheiterns der Fusion als sehr hoch.

"Die vielen Fehler, die unser Gutachten aufdeckt, zeigen, wie überhastet und unvorbereitet die Fusion der Krankenkassen durchgeführt wurde", erklärte Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung der AK Wien in einer Aussendung. "Außerdem zeigt es: Das Gutachten des Sozialministeriums hat die Kosten der Fusion kleingeredet." Für Panhölzl steht damit jetzt schon fest, dass die Reform die genannten Ziele einer Senkung der Verwaltungskosten und der Verbesserung der Gesundheitsversorgung nicht erreiche.

Kassenfusion: Für rote Gewerkschafter ein "Pfusch"

Die roten Gewerkschafter fühlen sich durch das von der Arbeiterkammer in Auftrag gegeben Gutachten von Otto Krickl vom Institut für Organisation und Institutionenökonomik der Uni Graz in ihrer Ansicht bestärkt, dass die Fusion der Krankenkassen "ein Pfusch" war.

"Die angekündigten Einsparungen werden nicht kommen, aber dafür werden die Patientinnen und Patienten darunter zu leiden haben, durch Leistungskürzungen oder höhere Selbstbehalte. Die FPÖ kann offensichtlich keine Sozialpolitik", kritisiert Josef Muchitsch, SPÖ-Sozialsprecher und Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) in einer Aussendung. Die von der früheren FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein vorgelegten Berechnungen hätten sich als "methodisch und inhaltlich unsauber erarbeitet" erwiesen. Auch Andreas Huss, Arbeitnehmer-Obmann in der zusammengelegten Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), meinte, dass es mit jeder Studie für die Versicherten immer teurer werde.

ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer erklärte hingegen im Ö1-"Mittagsjournal", dass man die Einsparungen erst im Jänner, nachdem die Fusion vollzogen ist, wirklich beziffern könne.

(APA/Red)

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