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Karas einstimmig zum ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament gewählt

Der Europaabgeordnete Othmar Karas ist zum neuen ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament gewählt worden. Die Wahl von Karas sei einstimmig in der Delegation erfolgt, sagte ein Sprecher der ÖVP-Abgeordneten am Dienstag in Straßburg. Karas folgt in dieser Funktion Ernst Strasser nach, der im März wegen einer von der "Sunday Times" aufgebrachten Korruptionsaffäre zurückgetreten war.
Zuvor hatte sich Karas mit seinen fünf Delegationskollegen – Paul Rübig, Richard Seeber, Elisabeth Köstinger, Hubert Pirker und Heinz Becker – zu Beratungen über eine “Neukonstituierung” der Delegation nach den jüngsten Affären zurückgezogen. Neben Strasser war vergangene Woche auch die ÖVP-Abgeordnete Hella Ranner wegen einer Spesenaffäre zurückgetreten.

Der 53-jährige Karas ist seit 1999 Mitglied des Europäischen Parlaments. Seit 2004 ist er Vize-Präsident der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP). Karas hatte bereits 2006 die ÖVP-Delegationsleitung im Europaparlament übernommen, nachdem Ursula Stenzel in die Wiener Kommunalpolitik wechselte und den Delegationsvorsitz abgab. 2009 wurde er trotz eines fulminanten Vorzugsstimmenwahlkampfes als Spitzenkandidat der Volkspartei bei den Europawahlen und schließlich als ÖVP-Delegationsleiter von seinem damaligen Parteikollegen Strasser ausgestochen.

Karas einstimmig - Köstinger Stellvertreterin

Zur stellvertretenden ÖVP-Delegationsleiterin wurde die Europaabgeordnete Elisabeth Köstinger gewählt. Die Kärntnerin übernimmt auch die neue Funktion einer “parlamentarischen Geschäftsführerin” der ÖVP-Delegation im EU-Parlament und wird dadurch auch Mitglied des ÖVP-Bundesparteivorstandes. Da er bereits in allen Leitungsgremien der Partei vertreten sei, “wollten wir nicht an Einfluss verlieren”, sagte Karas. Köstinger sei auch ein Signal an die Frauen und an die Jugend.

Karas betonte, die ÖVP-Delegation wolle künftig verstärkt Einfluss auf die Parteigremien nehmen. “Der Kurs, der gefahren wird, ist eindeutig ein pro-europäischer.” Europa sei für die Delegation ein Teil der Lösung und nicht des Problems. Die ÖVP-Europaabgeordneten wollten die Innenpolitik europäisieren und nicht gegen die Europapolitik ausspielen, betonte Karas. Zusätzlich zu seinen bisherigen Fachbereichen in den Ausschüssen für Wirtschaft und Währung und für die Finanzkrise übernimmt der neue Delegationsleiter einen Sitz im Außenpolitischen Ausschuss des Europaparlaments. Karas werde somit auch Außenpolitischer Sprecher der ÖVP-Delegation, teilte diese mit.

Karas verteidigte den Einzug von Hubert Pirker als Nachfolger von Strasser im EU-Parlament angesichts von Vorwürfen in Hinblick auf Pirkers früherer Tätigkeit als Lobbyist. Pirker habe seinen “privaten Beruf” nach der Mandatszeit als früherer EU-Abgeordneter begonnen und vor dem neuen Mandat stillgelegt, sagte er. Pirker betonte, er habe als Privatmann eine Firma für Unternehmensberatung, Monitoring und Lobbyingarbeit gegründet. Er habe in diesem Zusammenhang eine Telefonadresse in Brüssel gebraucht “und das war’s”. Pirker: “Es gibt keine einzige Rechnung die in Belgien getätigt worden wäre.” Er habe im Rahmen seiner Firma keinerlei Tätigkeit in Belgien ausgeübt. Von der Partei habe es “keinen Widerstand” gegen sein neues Mandat als EU-Abgeordneter gegeben.

Der Abgeordnete Richard Seeber verteidigte, dass er die Erklärung seiner finanziellen Interessen als EU-Abgeordneter erst vor Kurzem ergänzt habe. Die Angaben müssten im Nachhinein abgegeben werden. Die Unterstützung durch einen Mitarbeiter aus der Wirtschaftskammer habe am 1. März begonnen, der Eingangsstempel zeige den 28. März. “Von einem Fehlverhalten zu sprechen ist nicht ganz richtig.” Karas verteidigte auch die Möglichkeit zur Mitarbeit von Assistenten aus Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer in der Delegation. Alle Assistenten, die im Rahmen eines Ausbildungsprogrammes tätig seien, seien im Register und in der Erklärung finanzieller Interessen seien seit langem angegeben. Die gesamte Verantwortung liege beim Abgeordneten. Diese hätten durch Anstellung der Personen eine Eigenleistung geleistet. Mit beiden Anbietern gebe Arbeiten an Ergänzungen und Klarstellungen über das Vertragsverhältnis.

Pirker wird künftig im Verkehrs- und im Justizausschuss des Europaparlaments arbeiten, sein neuer Delegationskollege Heinz Becker im Sozial- und Bildungsausschuss. Weitere Aufgabenverschiebungen in der ÖVP-Delegation. Seeber betreut künftig auch den Verfassungsausschuss. Rübig übernahm von Strasser den Sitz in der parlamentarischen Delegation zu den Maghreb-Ländern.

Im Rahmen seines überparteilichen Bürgerforums “Europa 2020” will Karas an einem Verhaltenskodex für Abgeordnete arbeiten. Die ÖVP will sich für ein verpflichtendes Lobbyisten-Register einsetzen. Die Partei trete nicht für ein Berufsverbot für Parlamentarier ein, halte aber gewerbliches Lobbying für unvereinbar mit dem Mandat, sagte Karas. Weitere Lehre aus dem Fall Strasser: Wenn ein Abgeordneter einen Antrag weiterleiten wolle, müsse er künftig persönlich Kontakt aufnehmen, ansonsten werde das Anliegen nicht bearbeitet.

Karas betonte, die ÖVP-Delegation wolle einen “Schlussstrich” ziehen und Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen. “Ziel ist es, das Vertrauen unserer Wähler wieder herzustellen”, sagte Köstinger. (APA)

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