Die in Sarajevo erscheinende Tageszeitung Dnevni avaz nennt unter Berufung auf Quellen in bosnischen Nachrichtendiensten den kommenden Dienstag als möglichen Festnahmetermin. Del Ponte hatte Anfang Oktober die Belgrader Behörden aufgefordert, den ehemaligen Militärführer der bosnischen Serben, Ratko Mladic, bis Mitte Dezember festzunehmen und an das UNO-Tribunal zu überstellen. Von bosnisch-serbischen Behörden wird in derselben Frist die Festnahme des einstigen Präsidenten des kleineren Landesteils, der Serbischen Republik, Radovan Karadzic, erwartet.
Die Tribunals-Chefanklägerin wird am 12. Dezember Belgrad besuchen, um danach im UNO-Sicherheitsrat ihren Halbjahresbericht zu präsentieren. Von ihren Bewertungen dürfte auch der weitere Verlauf der erst begonnenen Verhandlungen Belgrads mit der Europäischen Union über ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen (SAA) abhängen. Nachdem die kroatische Wochenzeitschrift Globus am Mittwoch über die geheimen Pläne der Belgrader Behörden für die Festnahme der beiden meist gesuchten Angeklagten, die sich angeblich bereits in Serbien befinden, berichtete, befasst sich auch Dnevni avaz (Donnerstag-Ausgabe) mit demselben Thema.
Aufenthaltsort von Karadzic und Mladic unbekannt
Sowohl Globus wie auch Dnevni avaz behaupten, dass Mladic demnächst in die Serbische Republik verlegt werden solle, um dort von den Angehörigen der EU-geführten Schutztruppe EUFOR nach einem geplanten Szenario festgenommen zu werden. Der kroatischen Wochenzeitschrift zufolge steht zuerst die Festnahme Mladics auf dem Programm. Bei der Festnahme Karadzic würden nämlich wesentlich größere Proteste erwartet. Auch seien in den letzten zehn Jahren rund 150 Versuche unternommen worden, die beiden Haager Angeklagte festzunehmen, behauptet Globus.
In Belgrad werden die Medienberichte zunächst nicht kommentiert. Höchste Stellen wiederholten neuerdings jedoch immer wieder, dass die Festnahme Mladic als ihre vorrangige Aufgabe angesehen werde. Bisher waren jedoch keine Ergebnisse zu sehen. Von offiziellen Stellen wurden auch Befürchtungen bekundet, dass die erst begonnenen SAA-Verhandlungen unterbrochen werden dürften, kommt es nicht zur Festnahme des ehemaligen bosnischen Militärführers. Der serbische Präsident Boris Tadic hatte bei seinem Besuch in Banja Luka Mitte November unterstrichen, dass es keinen Sinn mehr habe, die Bürger Serbiens und der Serbischen Republik wegen der Haager Angeklagten leiden zu lassen. Entweder ist Mladic nicht in Serbien, oder aber er wird sich stellen oder wird festgenommen werden, präzisierte er.