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Kapuzinergruft: Keine Zinnpest

Die Schäden an den Zinnsärgen in der Kapuzinergruft, der letzten Ruhestätte von Mitgliedern des ehemaligen österreichischen Herrscherhauses, werden nicht durch die gefürchtete Zinnpest verursacht.

Das fanden Wissenschafter des Instituts für Chemische Technologien und Analytik der Technischen Universität (TU) Wien heraus. Die Forscher nahmen dabei zwei unterschiedlich in Mitleidenschaft gezogene Särge im wahrsten Sinn des Wortes unter die Lupe.

Die sogenannte Zinnpest ist ein gefürchtetes Phänomen, das praktisch alle Gegenstände aus Zinn und Zinnlegierungen befallen und zerstören kann. Dabei wandelt sich das bekannte, metallische Zinn in eine andere Form um, dabei wird das Material grau und bröselig. Zinnpest tritt ausschließlich bei Temperaturen unter rund 13 Grad. Durch eine Volumenänderung bei der Umwandlung entstehen anfangs Flecken und Beulen an der Oberfläche, daher rührt auch der Name.

Für die Analysen wurden zwei Sarkophagen – jenen von Maria Elisabeth und Leopold Wilhelm – Proben entnommen, in Kunststoff eingebettet und dann geschlimmen und poliert. Unter dem Mikroskop wird dann das Gefüge der Legierung sichtbar, die Forscher können sogar einzelne Korngrenzen ausmachen. Weitere Untersuchungen wurden mit Elektronenmikroskop und Röntgenanalyse durchgeführt. Es zeigte sich, dass das Material der Särge neben Zinn als Hauptbestandteil auch Blei-hältige, weichere Phasen und harte, intermetallische Gefügebestandteile enthält.

Bei der Untersuchung zeigte sich gehäuft entlang der Korngrenzen der Blei-reichen Phasen Korrosion. „Die Zerstörung schreitet zunächst entlang der Korngrenzen voran und geht dann in den Werkstoff hinein, schließlich entstehen kompakte, dicke wegkorrodierte Schichten“, erklärte TU Wien-Chemikerin Susanne Strobl. Von Zinnpest, also die Umwandlung des Hauptmaterials war indes in den Proben nichts zu finden.

Die Forscher vermuten als Hauptursache für die Korrosion hohe Luftfeuchtigkeit in der Gruft. Als Ausgleich wurde im Jahr 2003 eine Klimaanlage installiert. Nachdem die Korrosion ein sehr langsam fortschreitendes Phänomen ist, müssen die Experten nun noch einige Jahre abwarten, bis klar ist, ob die Klimatisierung als Konservierungsmaßnahme der Särge in der Kapuzinergruft ausreicht.

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