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Kanzler Nehammer nach Kiew aufgebrochen

Nehammer zu "Solidaritätsbesuch" nach Kiew aufgebrochen.
Nehammer zu "Solidaritätsbesuch" nach Kiew aufgebrochen. ©APA/BENEDIKT LOEBELL
Am Freitagabend ist Bundeskanzler Karl Nehammer zu einem "Solidaritätsbesuch" in die Ukraine aufgebrochen. In der Hauptstadt Kiew wird er am Samstag Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie Premierminister Denys Schmyhal und Bürgermeister Vitali Klitschko treffen.

Zudem steht ein Lokalaugenschein in der Stadt Butscha am Programm, wo bei mutmaßlichen russischen Kriegsgräuel mehr als 300 Zivilisten zu Tode kamen. Die Rückkehr erfolgt am Sonntag.

Nehammer soll am Samstag in Kiew ankommen

Nehammer (ÖVP) flog am Freitagabend zuerst nach Polen, von wo die Delegation samt Medienvertretern ab Przemyśl mit einem Nachtzug weiterfahren sollte. Przemyśl liegt 13 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Die Ankunft in der rund 700 Kilometer entfernten Stadt Kiew war für Samstag früh vorgesehen. Der Luftraum über der Ukraine ist wegen des Krieges gesperrt.

Ukraine "bestmöglich humanitär und politisch unterstützen"

Ziel des Besuchs sei es, "die Ukraine weiterhin bestmöglich humanitär und politisch zu unterstützen." Nehammer: "Es ist wichtig, dass wir im Rahmen unserer Neutralität der Ukraine sowohl auf humanitärer als auch auf politischer Ebene beistehen. Mein Besuch in Kiew und Butscha dient auch dazu, unsere Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu zeigen." Die "bekannt gewordenen Kriegsverbrechen" müssten "lückenlos aufgeklärt" werden, "und zwar von unabhängigen und internationalen Expert/innen".

Nehammer selbst wurde wie folgt zitiert: "Es ist wichtig, dass wir im Rahmen unserer Neutralität der Ukraine sowohl auf humanitärer als auch auf politischer Ebene beistehen. Mein Besuch in Kiew und Butscha auf Einladung von Präsident Selenskyj dient auch dazu, unsere Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu zeigen. Was in der Ukraine und im Besonderen in vielen Städten der Ukraine geschieht, ist ein schrecklicher Angriffskrieg zulasten der Zivilbevölkerung."

Nehammer will auch Butscha besuchen

Die "bekannt gewordenen Kriegsverbrechen" müssten "lückenlos aufgeklärt" werden, forderte der Bundeskanzler, "und zwar von unabhängigen und internationalen Expert/innen." Die für diese Verbrechen Verantwortlichen "müssen und werden" zur Rechenschaft gezogen werden, so Nehammer. "Ich werde mir selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen. Österreich wird weiterhin helfen, wo es kann, diese Hilfsbereitschaft stellen wir sowohl vor Ort, als auch bei der Aufnahme von Vertriebenen aus den Kriegsgebieten unter Beweis. Die Ukraine kann sich auf die freie Welt verlassen."

Kiew erwartet aktives Engagement Wiens

Die Reise von Bundeskanzler Nehammer nach Kiew werde nicht nur zu einem größeren Verständnis für die Ukraine führen. Man erwartete sich als Konsequenz von Nehammers Besuch am Samstag auch eine konstruktive Rolle Österreichs bei aktuellen Sanktionsfragen in Bezug auf Russland sowie ein aktives Engagement beim Wiederaufbau des Landes, sagte am Freitagnachmittag der ukrainische Botschafter in Wien, Wassyl Chymynez in einem Telefonat mit der APA.

"Es ist wichtig, dass der Bundeskanzler vor Ort in Kyjiw ist, und macht deutlich, dass er auf der Seite der Ukraine steht", erklärte Chymynez. Die geplanten Gespräche Nehammers mit Präsident Wolodymyr Selenskyj seien insbesondere im Zusammenhang mit Erwartungen relevant, dass Österreich eine aktive Rolle beim Wiederaufbau der Ukraine spielen werde.

"Die Bundesregierung und die österreichische Wirtschaft könnten sich hier in vielen Bereichen stark engagieren", betonte der Diplomat. Viele Krankenhäuser seien zerstört worden, Brücken und Straßen müssten aufgebaut und erneuert werden, es gelte Kriegsschäden zu beseitigen sowie Menschen zu helfen, in ihr normales Leben zurückzukehren. Konkret sprach Chymynez auch davon, dass die Ukraine in den befreiten Gebieten rund um Kiew so schnell wie möglich mit dem Wiederaufbau beginnen möchte. Abgesehen von der ukrainischen Hauptstadt soll der österreichische Bundeskanzler auch die Stadt Butscha in der Region Kiew besuchen, wo in den letzten Wochen mehr als 300 Zivilisten bei mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen ums Leben gekommen sind.

Ukrainischer Botschafter in Wien: EU-Sanktionen nicht adäquat

Die bisher in Kraft gesetzten Sanktionen der Europäischen Union (EU) seien angesichts der aktuellen russischen Kriegsverbrechen nicht adäquat, sagte der Botschafter. "Wir fordern die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, härtere Sanktionen zu beschließen", erklärte er. Zumindest in Ölfragen erwarte er sich, dass die österreichische Seite eine konstruktive Rolle spielen werde. Erneut verwies Chymynez zudem auf die Verantwortung von europäischen und auch österreichischen Firmen, die weiterhin am russischen Markt tätig blieben.

Nach dem Besuch Nehammers rechne er zudem mit einem Beschluss, die österreichischen Botschaft in Kiew wieder aufzusperren, erklärte Chymynez mit Verweis auf diesbezügliche Schritte anderer EU-Staaten sowie der EU-Vertretung. Parteienverkehr der österreichischen Botschaft, die seit Freitag als symbolische Geste die Hauptstadt offiziell aus dem zeitgenössischen Ukrainischen transkribiert und nunmehr "Kyjiw" schreibt, gab es zuletzt lediglich in einer Außenstelle im westukrainischen Uschhorod.

Von der Leyen und Borrell am Donnerstag in Kiew

Am Freitag waren über dieselbe Route EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Außenbeauftragte Josep Borrell zu Präsident Selenskyj gereist.

Selenskyj hatte den Besuch Nehammers in einer in der Nacht auf Dienstag veröffentlichten Videobotschaft an die ukrainische Bevölkerung angekündigt, nachdem er mit dem österreichischen Regierungschef telefoniert hatte. Zuletzt forderte Selenskyj schärfere Strafmaßnahmen gegen den russischen Aggressor. Die nun verhängten Sanktionen reichten noch nicht aus, um Russland aufzuhalten und den Krieg zu beenden. Gleichzeitig forderte Ukraines Präsident Waffen, "mit denen wir auf dem Schlachtfeld gewinnen können". Das werde die stärkste Sanktion gegen Russland sein.

Russland führt seit dem 24. Februar Krieg gegen sein Nachbarland. Damit wurde auch eine Flüchtlingsbewegung in Gang gesetzt. Seit Kriegsbeginn haben fast 4,5 Millionen von rund 44 Millionen Ukrainern ihr Heimatland verlassen. Etwa 51.000 Geflüchtete sind bisher in Österreich registriert, vor allem Frauen mit Kindern.

(APA/Red)

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