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Kanada: Liberale verlieren absolute Mehrheit

Die in Kanada regierenden Liberalen von Ministerpräsident Paul Martin haben bei der Parlamentswahl ihre absolute Mehrheit verloren. Sie bleiben jedoch stärkste Kraft.

Damit könnten die Liberalen eine Minderheitsregierung bilden – die erste seit 25 Jahren. Die Liberale Partei büßte bei der Wahl am Montag 33 ihrer 168 Sitze im Parlament ein. Deutlich zulegen konnten dagegen die Konservativen, wie aus den am Dienstag veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen hervorgeht. Dennoch sind auch die Konservativen enttäuscht, da sie auf einen Machtwechsel hofften.

„Die Botschaft ist unmissverständlich, die Kanadier erwarten mehr von uns“, sagte Martin. Die Liberalen stellen seit 1993 in Kanada die Regierung. Martin trat im Dezember die Nachfolge des langjährigen Ministerpräsidenten Jean Chretien an.

Nach Auszählung fast aller Stimmen kamen die Liberalen auf 37 Prozent und stellen damit künftig 135 Abgeordnete im 308 Sitze zählenden Parlament. Für die Konservativen unter dem Vorsitz von Stephen Harper stimmten 29,6 Prozent der Wähler, was 99 Sitzen entspricht – 26 mehr als bei der letzten Wahl. Trotz dieses Zugewinns war das Ergebnis für Harpers Partei eine Enttäuschung, hatten die Konservativen doch auf einen Machtwechsel gehofft.

Der separatistische Bloc Quebecois baute seine Position auf Kosten der Liberalen aus. Von den 75 in Quebec vergebenen Sitzen gewann er 54, 21 mehr als bisher. Landesweit entspricht das einem Anteil von 12,4 Prozent. Damit dürften die Rufe nach einem Referendum über die Unabhängigkeit der französischsprachigen Provinz wieder lauter werden. Die Neuen Demokraten gewannen 15,7 Prozent und können mit 19 Sitzen rechnen.

Zum ersten Mal seit 25 Jahren stand das flächenmäßig zweitgrößte Land der Erde damit vor der Bildung einer Minderheitsregierung, die auf die Duldung durch eine der kleineren Partei angewiesen ist. Bei den seit langem spannendsten Wahlen in Kanada war mit einem äußerst knappen Resultat gerechnet worden. Das heißt, dass dem Land politische Instabilität bevorstehen könnte. Kurz vor der Abstimmung, zu der rund 22 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen waren, deuteten alle Umfragen darauf hin, dass die seit elf Jahren regierenden Liberalen ihre absolute Mehrheit verlieren würden.

Die Konservativen haben den Kanadiern Steuersenkungen wie im Nachbarland USA bei einer gleichzeitigen Modernisierung des staatlichen Gesundheitswesens in Aussicht gestellt. Die Liberalen hielten dagegen, dass umfangreiche staatliche Sozialleistungen nicht mit einem niedrigen Steuerniveau machbar seien. Zu den Unterschieden gehört auch, dass die Konservativen den kanadischen Beitritt zum Umweltschutzabkommen von Kyoto rückgängig machen wollen.

Einen Erfolg verbuchte Belinda Stronach, Tochter von Magna-Boss Frank Stronach. Sie gewann in ihrem Wahlkreis Newmarket-Aurora in der Provinz Ontario. Nach Angaben des Sender CBC (Online-Ausgabe) erhielt die konservative Kandidatin 42,44 Prozent der Stimmen, ihre liberale Kontrahentin Martha Hall Findlay 41,07 Prozent der Stimmen.

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