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Kampusch: Laut "stern" neue Ermittlungen

Neuer Aufruhr um die - eigentlich bereits im November 2006 ad acta gelegte - Entführung von Natascha Kampusch. Laut dem deutschen Magazin "stern" soll die Polizei die Ermittlungen wieder aufgenommen haben.

Wie das Hamburger Medium in seiner aktuellen – Donnerstag erscheinenden Ausgabe – berichtet, “untersucht ein neues Team Erkenntnisse und Hinweise, nach denen der Entführer der damals Zehnjährigen kein Einzeltäter gewesen ist”. Die österreichischen Behörden dementieren dies. Eine Sprecherin der Oberstaatsanwaltschaft verneinte gegenüber der APA offiziell, dass die Exekutive mit neuen Ermittlungen beauftragt worden ist.

Im Mittelpunkt der neuen Erhebungen soll laut dem Magazin jener Freund des Entführers Wolfgang Priklopils stehen, der dem Täter damals bei der Flucht vor der Polizei – seinen bisherigen Angaben zufolge ohne Kenntnis über die Tat – behilflich gewesen sein soll. “Wie dem ‘stern’ vorliegende Unterlagen belegen, fragte der Immobilienhändler Ernst H. bei einer ersten Vernehmung durch die Polizei bereits am 23. August 2006 – wenige Stunden nach der Flucht von Natascha Kampusch aus dem Haus ihres Entführers Wolfgang Prikopil in Strasshof – ‘Hot er’s umbrocht?'”, hieß es in einer Aussendung des Magazin. Zu diesem Zeitpunkt hätte H. jede Kenntnis des Falls bestritten.

Der Wiener Staatsanwaltschaft soll dem “stern” zufolge eine 20-seitige Dokumentation der widersprüchlichen Aussagen von H. vorliegen. Der Mann bestreitet bis heute, Natascha Kampusch mehr als einmal in der Zeit ihrer Gefangenschaft gesehen zu haben. Natascha Kampuschs Anwalt Gerald Ganzger weiß von einer Wiederaufnahme der Ermittlungen rund um die Entführung seiner Mandantin nichts. “Das ist ein Unsinn”, sagte der Jurist am Mittwoch zur APA. Er habe diesbezüglich mit der Staatsanwaltschaft gesprochen.

Etwas vage sind seine weiteren Angaben: “Wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt, ist das okay”, meinte er. Zweifel an der Einzeltätertheorie ließ er weiterhin nicht gelten. “Frau Kampusch hat mehrmals betont, dass sie darauf keinen Hinweis hat”, kommentiere er die Frage nach einem Mittäter. Bedeckt zeigten sich die Medienbetreuer rund um das heute 20-jährige Entführungsopfer: “Derzeit können wir nichts dazu sagen. Wir müssen uns erst ein Bild machen.”

Veröffentlicht wurde am Mittwoch außerdem der Bericht der Evaluierungskommission im Fall Kampusch, deren Aufgabe im Auftrag des Innenministeriums es war etwaige Ermittlungspannen zu durchleuchten. Fazit ist die Einschätzung, “dass die sachdienlichen Ermittlungsansätze bisher nicht vollständig ausgeschöpft wurden”. “Unzulässig” gewesen sei es demnach, die Niederschriften der Aussagen Natascha Kampuschs im Original bei der Justiz zu verwahren, ohne eine Kopie bei der Sicherheitsbehörde zu belassen. Kritisiert wird außerdem die Herausgabe von Beweisen aus dem Verlies an das Opfer ohne den Beweiswert zu sichern.

Zum ersten Mal ist in dem Bericht des Teams rund um den Ex-Verfassungshofpräsidenten Ludwig Adamovich im Zusammenhang mit dem Fall Kampusch offiziell von sexuellem Missbrauch die Rede. Eingegangen wird in dem Bericht auch auf den “von Anfang an fassbaren Hinweis in Richtung Mehrtäterschaft”. Auch Angaben von Natascha Kampusch vom 22. September 2006 “über das Verhalten Wolfgang Priklopils während des Aufenthalts in einem Waldstück bei Strasshof” hätten in diese Richtung gewiesen.

Eine “Vertuschung” oder ein “Hinausschieben” der Bekanntgabe von Informationen hat die Kommission laut ihrem Bericht nicht nachgewiesen. Nicht ausgeschlossen werden könne dies allerdings bei dem Hinweis des Hundeführers. Ermittler sollen an den Beamten nach dem Wiederauftauchen Kampuschs appelliert haben “Bitte sag nichts”. Der Mann habe bereits kurz nach der Entführung auf Wolfgang Priklopil aufmerksam gemacht.

Eine Angabe des Hundeführers, der Täter habe einen sexuellen Hang zu Kindern und eine Vorliebe für Waffen gehabt, soll es damals allerdings nicht gegeben haben. Weiters heißt es: “Es besteht kein Grund für die Annahme, dass in rechtswidriger Weise Fehler bei der Polizeiarbeit unterdrückt werden sollten.” Enthalten sind in dem Bericht zusätzlich Verbesserungsvorschläge im Hinblick auf künftige außergewöhnliche Kriminalfälle.

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