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Kalifornien: Todesstrafen-Moratorium

Nach der weltweiten Empörung über die Hinrichtung von Stanley Williams verlangt ein Komitee von demokratischen Abgeordneten Kaliforniens jetzt ein Todesstrafen-Moratorium.

So hat es der frühere Gouverneur von Illinois, George Ryan, in seinem Bundesstaat durchgesetzt hatte. Dies berichtete Kathpress am Donnerstag. Das Maßnahmenpaket kommt im Jänner vor das Parlament in Sacramento. Für die nächsten drei Jahre würden damit sämtliche Exekutionen in dem US-Bundesstaat unterbunden. Zu den entschiedenen Kritikern der Todesstrafe in den USA gehört auch die katholische Kirche. Die US-Bischöfe haben in der Vergangenheit regelmäßig in Appellen an Washington und die Regierungen der Bundesstaaten darauf hingewiesen, dass diese Strafe im Widerspruch zu den Menschenrechten stehe und dass es in der Praxis immer wieder zur Hinrichtung Schuldloser gekommen sei.

Vor kurzem hatte der kalifornische Senat eine „Commission on the Fair Administration of Justice“ eingesetzt. Sie hat den Auftrag, allfällige Schwächen des Gesetzes über die Todesstrafe in Kalifornien freizulegen. Diese Kommission würde ihre Arbeit aber nur dann in unvoreingenommener Weise zu Ende führen können, wenn während der Untersuchung keine Exekutionen stattfänden, so das Moratoriums-Komitee in einer Stellungnahme. Insgesamt warten in kalifornischen Todeszellen 647 Verurteilte auf ihre Hinrichtung. Für 2006 sind nach offiziellen Angaben bis zu sechs Hinrichtungen geplant. Bereits im Jänner wird Gouverneur Arnold Schwarzenegger erneut über das Schicksal eines Todeskandidaten entscheiden müssen.

Ein erster Blick auf die jüngste Umfrage des „Public Policy Institute of California“ bestätigt zwar, dass in Kalifornien nach wie vor 57 Prozent der Wähler die Todesstrafe befürworten. Gleichzeitig zeigt sich aber, dass eine Abschaffung ebenso eine Mehrheit hätte – und zwar dann, wenn es bei bestimmten Verbrechen keine Bewährung gebe. Immer deutlicher zeigte sich in den letzten Jahren auch, dass kalifornische Geschworenengerichte bei der Verhängung der Todesstrafe zunehmend größere Zurückhaltung üben.

Die für Jahresbeginn geplante Anhörung des Moratoriumantrags stößt wegen der weltweiten Publizität des Falles Williams auf großes Interesse. Der aus der Steiermark stammende Schwarzenegger hatte sich auf Rat seiner „spin doctors“ (für die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit zuständige Experten, Anm.) geweigert, den wegen vierfachen Mordes verurteilten ehemaligen Gangleader der „Crips“ zu begnadigen. Trotz der Beteuerungen von Williams, die Morde nicht begangen zu haben, begründete der Gouverneur seine Entscheidung mit der klar erwiesenen Schuld des Verurteilten.

Die Exekution von Williams, des Autors zahlreicher Kinderbücher, die Heranwachsende vor den Gefahren des Gang-Milieus warnen, hat weltweit den Widerstand gegen die Todesstrafe neu angefacht. Während seiner 26-jährigen Inhaftierung in der Hochsicherheitsanstalt von San Quentin hatte der einstige jugendliche Gangster eine tief gehende Wandlung durchlebt. Dadurch widerlegte er den Mythos des unverbesserlichen Schwerverbrechers, vor dem die Gesellschaft „gerettet“ werden müsse.

Die Befürworter eines Moratoriums nennen als Grund ihrer Bestrebungen aber nicht in erster Linie die mögliche Läuterung von Häftlingen. Vielmehr gilt ihr Hauptanliegen der Amnestie unschuldig Verurteilter. Dabei verweisen sie auf eine Liste systembedingter Fehler, derentwegen schon öfters Menschen fälschlicherweise zum Tod verurteilt worden seien. Schlecht ausgebildete Strafverteidiger, schlampige Untersuchungsmethoden, Meineide von Gefängnisspitzeln, unterlassene DNA-Analysen und Voreingenommenheit gegenüber Schwarzen und Minderbemittelten werden am häufigsten bemängelt. Das kalifornische Gesetz über die Todesstrafe enthalte aber noch Dutzende von weiteren Unzulänglichkeiten, die automatisch willkürliche Urteile nach sich zögen.

Im Jahr 2002 hatte der damalige Gouverneur von Illinois, der Republikaner George Ryan, alle früher gefällten Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt, nachdem Journalismusstudenten der Nachweis gelungen war, dass sich in den Todeszellen von Illinois 13 Schuldlose befanden. Ryan hatte bereits im Jahr 2000 ein Moratorium für Hinrichtungen beschlossen.

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