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Kalifornien: "Sozialpartnerschafts-Kurs"

Der kalifornische Gouverneur Schwarzenegger verhandelt wichtige Themen zunehmend direkt mit Interessensgruppen, Gewerkschaften und Wirtschaftsvereinigungen aus.

Zuletzt ist dies so beim Budgetentwurf für das neue Finanzjahr passiert, den der Gouverneur dem Parlament vorgelegt hat und der bis zum 30. Juni von ihm unterzeichnet werden soll. Dazu hat er bereits im Vorhinein mit Lehrergewerkschaften, Universitäten und lokalen Gemeindepolitikern verhandelt und Vereinbarungen getroffen – an den Abgeordneten vorbei.

Die Volksvertreter fühlen sich nun teil-entmachtet, denn sie können gegen diese wichtigen Lobby-Gruppen nichts unternehmen um auf ihre eigene verfassungsgemäße Macht zu pochen. Das Muster hat Methode, denn der kalifornische Gouverneur praktiziere dies bereits seit seinem Amtsantritt vor sechs Monaten, analysierte die „New York Times“. Um den parteipolitisch dominierten Streitigkeiten der Abgeordneten zu entgehen suche er in vielen Fragen den direkten Kontakt mit den Interessensgruppen und präsentiere dann dem Parlament einen Kompromiss, den dieses nur mehr absegnen müsse. Im Scherz meinte der Gouverneur sogar, er wolle per Gesetz einführen dass die Abgeordneten nur mehr Teilzeit arbeiten sollten.

Was den US-Medien dabei nicht auffällt, drängt sich dem Beobachter aus österreichischer Sicht geradezu auf: Der in Österreich geborenen und aufgewachsene Gouverneur Arnold Schwarzenegger dürfte sich beim Regieren des bevölkerungsstärksten US-Bundesstaats Kalifornien offenbar stark an den Errungenschaften der österreichischen Sozialpartnerschaft orientieren – zumindest an deren Grundprinzipien, nämlich immer einen Kompromiss zu suchen, die betroffenen Gruppen über ihre Interessensvertretungen direkt einzubinden und Gespräche bereits im Vorfeld der parlamentarischen Prozesse zu führen.

Der bisherige Erfolg scheint dem Steirer in Kalifornien jedenfalls recht zu geben: Obwohl er wegen der Finanzprobleme mit Sparkurs regiert, konnte er größere Proteste durch Verhandlungen mit den Betroffenen und Kompromissbereitschaft vermeiden. Das Budget, die wohl größte Herausforderung im finanziell schwer geschüttelten Kalifornien, könnte heuer pünktlich verabschiedet werden – eine Seltenheit, denn in 17 der vergangenen 25 Jahre blieb der Haushaltsplan im Parlament hängen und wurde erst mit monatelanger Verzögerung beschlossen. Im 102,8 Mrd. Dollar-Vorschlag, den der Gouverneur dem Parlament vorgelegt hat, sind bereits zahlreiche Kompromisse mit Interessensvertretungen enthalten, die sonst im Parlament mühsam errungen werden müssen.

„Arnold schaut auf das große Ganze“, meint Bruce E. Cain, Direktor des Instituts für Regierungsstudien an der Universität von Kalifornien in Berkeley. #Er übergeht die Abgeordneten, die selber von den Interessensgruppen abhängen, und spricht direkt mit den Interessensvertretern#. Andere wiederum wie der demokratische Finanzminister des Bundesstaats, Phil Angelides, warnen vor den Folgen, weil der Gouverneur die Steuern nicht erhöhen will sondern lieber bei Bildung und Gesundheitsvorsorge Kürzungen vornehme, diese aber nicht tief genug gingen um den Staatshaushalt zu sanieren. Ob sich der “österreichische Weg“ auf Umwegen über Schwarzenegger in Kalifornien letztlich durchsetzt wird die Zukunft zeigen.

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