Der Papst sei “eine Person, die in ihrem Herzen den Respekt für andere Religionen und für die Probleme der Armen” trage, so der Großimam, der am Montag und Dienstag an einer internationalen Konferenz der katholischen Gemeinschaft Sant’Egidio in Florenz teilnahm. Die Konferenz trug den Titel “Orient und Okzident. Dialoge der Kultur”.
Tayyeb warnte vor der Weiterführung des aktuellen Weges, der insgesamt durch fortgesetzte Verschlechterung der gegenseitigen Beziehungen charakterisiert sei. Die Religionen müssten durch Intensivierung des Dialogs den Ausweg finden.
Der Dialog zwischen dem Vatikan und der Al-Azhar-Universität ist seit Jahren eingeschränkt. Die islamische Hochschule hatte die seit 1998 stattfindenden regelmäßigen Zusammenkünfte Anfang 2011 abgebrochen. Begründet wurde dieser Schritt damals mit Kritik von Papst Benedikt XVI. an der Religionsfreiheit in Ägypten und am Schutz christlicher Kirchen und Einrichtungen. Der Vatikan hatte mehrfach seine Gesprächsbereitschaft bekundet. In jüngerer Zeit war es wieder zu gelegentlichen Begegnungen zwischen Vertretern von Al-Azhar und dem Vatikan gekommen, aber noch nicht zu einer formellen Wiederaufnahme des Dialogs.
Im Interview mit “Il Sole 24 Ore” wurde Tayyeb auch zu seiner Haltung gegenüber dem jüngst verkündeten Todesurteil gegen Ex-Präsident Mohammed Mursi gefragt. Der Großimam muss laut ägyptischer Verfassung bei Todesurteile ein Gutachten abgeben; dieses ist allerdings nicht bindend. Tayyeb zog es im Interview vor, eine ausweichende Antwort zu geben. “Die Urteile der ägyptischen Justiz sind eine interne Angelegenheit. Sie können nicht in der Presse diskutiert werden”, erklärte der einflussreiche Religionsgelehrte.
Sein nächstes Ziel ist England. Hier stehen Gespräche mit Premierminister David Cameron, Thronfolger Prinz Charles und Anglikaner-Primas Justin Welby auf dem Programm.