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Kältewelle fordert weitere Tote

Die Kältewelle hat Europa noch immer fest im Griff
Die Kältewelle hat Europa noch immer fest im Griff ©AP
Die anhaltende Kältewelle hat in Österreich weitere Todesopfer gefordert: In Tirol ist ein 66-Jähriger in einem leerstehenden Haus erfroren, in der Steiermark ist ein 80-Jähriger tot vor dem Krankenhaus Knittelfeld aufgefunden worden. Auch sie dürfte erfroren sein.
Kältewelle hat Europa im Griff
Frostige Bilder aus ganz Europa
Eiseskälte am Genfer See
Sibirische Kälte: Europa zittert

Der 80-jährige Mann aus St. Michael in der Obersteiermark tot vor dem Krankenhaus aufgefunden worden. Er war nur mit einem Pyjama bekleidet, obwohl in der Nacht Temperaturen um -10 Grad herrschten. Die genaue Todesursache ist noch nicht bekannt, laut Sicherheitsdirektion Steiermark dürfte sowohl die Kälte als auch der schlechte Gesundheitszustand des Mannes dazu beigetragen haben.

Der 80-Jährige war seit 5. Februar wegen eines leichten Schlaganfalls stationär im LKH Knittelfeld. Aus bisher unbekannten Gründen verließ er am Samstag gegen 3.00 Uhr das Gebäude und dürfte unweit des Krankenhauses zusammengebrochen sein. Ersten Ermittlungen der Polizei zufolge dürfte er etwa eine halbe Stunde dort gelegen sein, bis ihn Passanten fanden. Diese verständigten mehrere Ärzte und den Notarzt, die Reanimationsversuche blieben aber erfolglos. Ermittlungen zur genauen Todesursache laufen, Fremdverschulden schloss die Polizei aus.

66-Jähriger in leerstehendem Haus tot aufgefunden

Der 66-jähriger Einheimische ist in Silz in Tirol (Bezik Imst) in einem leerstehenden Haus tot aufgefunden worden. Der Obdachlose dürfte erfroren sein, bestätigte die Polizei einen Bericht der “Kronen Zeitung” (Samstagsausgabe). Die Beamten sahen in dem Haus nach, weil der 66-Jährige sein Sozialgeld nicht abgeholt habe. Der Mann habe in dem Haus immer wieder Unterschlupf gesucht.

Heftiger Schneefall legt Rom lahm

Die extreme Kältewelle, die Italien seit Anfang Februar im Griff hält, belastet jetzt immer stärker auch Mittel- und Süditalien und forderte zwischen Freitag und Samstag sechs Todesopfer. Rom erlebt die heftigsten Schneefälle seit den 80er Jahren. In der Nacht auf Samstag durchwehte auch ein eisiger Sturm die Ewige Stadt, seit Freitagnachmittag schneite es fast ununterbrochen, was die 3,5 Millionen-Metropole zum zweiten Mal binnen einer Woche ins Chaos stürzte. Das gesamte Verkehrsnetz kam zum Erliegen. Die große Stadtumfahrung musste aus Sicherheitsgründen gesperrt werden.

Bürgermeister Gianni Alemanno rief die Römer auf, nicht das Auto zu nutzen. Die Schulen waren am Samstag geschlossen. Wie bereits vor einer Woche fotografierten begeisterte Touristen den Schnee, der über der Spanischen Treppe, dem Trevi-Brunnen und der Piazza Navona fiel. Kolosseum, Forum Romanum, der Palatinshügel und andere archäologische Stätten wurden geschlossen. Auch der Petersplatz war vollkommen verschneit.

Die Kältewelle hält ganz Italien im Würgegriff. Die Armee waren in mehreren Regionen im Einsatz, um die Straßen in eingeschneiten Bergortschaften zu befreien. In Berggebieten der Region Abruzzen berichteten die Einwohner, ausgehungerte Wölfe gesichtet zu haben. Schneefälle wurden auch in Süditalien, darunter in Kalabrien, gemeldet.

Auch bei der Lebensmittelversorgung kam es zu Schwierigkeiten in ganz Italien. Mehrere Supermärkte konnten wegen Zustellungsschwierigkeiten kein Obst und Gemüse anbieten, warnte der Landwirtschaftsverband Coldiretti. Dies habe in den letzten Tagen zu beträchtlichen Preiserhöhungen geführt. Seit Beginn der Kältewelle Anfang des Monats mussten 100.000 Tonnen verderblicher Waren vernichtet werden, weil sie nicht rechtzeitig geliefert werden konnten. Coldiretti klagte über einen katastrophalen Winter. Nach dem LKW-Streik vor zwei Wochen sei die Lebensmittelversorgung jetzt wegen der akuten Wetternotstandslage arg unter Druck geraten. Dies bedeute für die Branche in einer ohnehin vom Konsumrückgang belasteten Zeit enorme Verluste.

Chaos im italienischen Flugverkehr

Auf dem römischen Flughafen Fiumicino wurden nach heftigen Schneefällen am Samstag 60 Flüge gecancelt. Am Freitagabend waren bereits 20 Flüge gestrichen worden, 2.000 Passagiere mussten die Nacht am Airport verbringen.

Auch auf dem römischen Flughafen Ciampino wurden Engpässe und Verspätungen gemeldet. Die Flughäfen von Rimini und Alghero auf Sardinien wurden geschlossen. Bei den Bahnverbindungen kam es in mehreren Regionen des Landes zu erheblichen Schwierigkeiten.Das extreme Winterwetter belastet verstärkt auch Süditalien. In Neapel wurden alle Kirchen offen gehalten, um Obdachlosen Schutz zu bieten. Schnee wurde sogar auf der Insel Pantelleria zwischen Sizilien und Tunesien, sowie in Kalabrien gemeldet.

Erneut “wärmste” Nacht mit minus 9,1 Grad in Kärnten

In 259 Orten Österreichs sind die Temperaturen in der Nacht auf Samstag unter minus zehn Grad gelegen. Der tiefste Wert mit minus 25,3 Grad wurde laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) auf der Wetterstation in der Tiroler Gemeinde Tannheim (Bezirk Reutte) auf 1.100 Meter Seehöhe gemessen. Die wärmste Nacht wurde – wie schon in der vergangenen Nacht – mit erneut minus 9,1 Grad im Kärntner Gmünd gemessen. Zu Wochenbeginn halten die Meteorologen tagsüber “zarte” Plusgrade für möglich.

Selbst im Flachland, etwa im niederösterreichischen Raabs an der Thaya im Bezirk Waidhofen auf 459 Metern Seehöhe, zeigte das Quecksilber frostige minus 23,2 Grad. Anhaltend kalt war es auch in Gars am Kamp (Waldviertel, 267 Meter Seehöhe) mit minus 21,9 Grad oder in Güssing (Burgenland, 219 Meter Seehöhe) mit minus 21,1 Grad.

Heftige Schneefälle auf dem Balkan – Tausende eingeschneit

Heftige Schneefälle haben auch große Teile der Balkanhalbinsel am Samstag in neues Chaos gestürzt. In der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica fiel ein halber Meter Schnee. In Serbien und Bosnien-Herzegowina dürfen Schüler und Studenten nach der freien vergangenen Woche auch in den kommenden sieben Tagen zu Hause bleiben, beschlossen die Regierungen beider Länder.

In der Nähe der montenegrinischen Stadt Kolasin (nördlich der Hauptstadt Podgorica) waren Dutzende Reisende in einem Zug gefangen, nachdem eine Lawine die Schienen blockiert hatte. In Serbien waren 50.000 Menschen eingeschneit, teilte der Leiter des Notfallstabes, Predrag Maric, am Samstag in Belgrad mit. 19 Kältetote seien bisher seit Beginn der Extremtemperaturen zu beklagen. Unzählige Straßen seien nach wie vor nicht zu befahren.Um Strom zu sparen, bestimmte die serbische Regierung die nächste Woche als arbeitsfrei. Staatsunternehmen und Behörden bleiben geschlossen, private Firmen sollten ihren Mitarbeitern ebenfalls freigeben. “Wir reden über die Gefahr, dass das Stromsystem auseinanderfliegt”, begründeten die Behörden ihren Schritt. Heizkraftwerke liefen an ihren Kapazitätsgrenzen.

Eine dicke Eisdecke legte in Bulgarien die Schifffahrt auf der Donau lahm. Bei der Donaustadt Silistra im Osten war der Fluss komplett zugefroren, wie die bulgarische Donaubehörde am Samstag mitteilte. In dem Balkanland starben nach Medienangaben bisher mehr als 20 Menschen in der Kälte. Zudem ertranken im Süden des Landes zehn Menschen bei Überschwemmungen, die von übergelaufenen Stauseen und Flüssen verursacht wurden.

Über 100 Tote in Russland

Die bittere Kälte in Russland mit Temperaturen bis zu minus 50 Grad Celsius hat bisher mindestens 110 Menschen das Leben gekostet. Allein seit Anfang Februar seien landesweit mehr als 40 Kältetote entdeckt worden, teilte das Zivilschutzministerium in Moskau mit. Die russische Hauptstadt erlebe den strengsten Winter seit 70 Jahren, sagte Vizebürgermeister Pjotr Birjukow am Freitag nach Angaben der Agentur Interfax. In Kliniken werden derzeit Hunderte wegen Erfrierungen behandelt. Auch in den nächsten Tagen soll das Gebiet der früheren Sowjetunion ein “Frostblock” bleiben.

Im Asowschen Meer zwischen Russland und der Ukraine waren am Freitag 96 Schiffe wegen dicker Eisschollen nahezu manövrierunfähig. Einige Kapitäne hätten mitgeteilt, dass langsam Treibstoff und Nahrung zur Neige gehen, informierte der russische Küstenschutz. Die Rettungskräfte seien in Alarmbereitschaft versetzt worden.Die Kaukasusrepublik Armenien schloss am Freitag wegen Schnees und Nebels vorübergehend alle internationalen Flughäfen. “Nichts geht mehr”, sagte ein Sprecher der Behörden in der Hauptstadt Eriwan.

Zahl der Toten in der Ukraine stieg auf über 130

In der Ukraine gab das Gesundheitsministerium die Zahl der Toten weiter mit mindestens 135 an, auch hier waren die meisten Obdachlose. Mehr als 2.400 Kälteopfer liegen in Krankenhäusern. Mindestens 130.000 Frierende hätten die landesweit rund 3.400 Wärmepunkte aufgesucht und heiße Getränke und Essen bekommen, teilte die Regierung in Kiew mit.

Bei einer Hilfsaktion am Baikalsee in Russland zogen Rettungskräfte mehrere Kinder, die im Eis eingebrochen waren, aus dem eiskalten Wasser. Etwa 30 Menschen hätten den sibirischen See an einer gefährlichen Stelle zu Fuß überquert, sagte ein Feuerwehrsprecher. Winterfreuden trotz der andauernden Extremkälte von minus 30 Grad will die Wolgastadt Astrachan rund 1.500 Kilometer südöstlich von Moskau ihren 525.000 Einwohner bieten. “Wir organisieren am Wochenende Eishockeyspiele und Schlittschuhrennen”, sagte Gebietsgouverneur Alexander Schilkin.

(APA)

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