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Justizwachebeamter vor Gericht: Handys und Fleisch ins Gefängnis geschmuggelt

Ein Justizwachebeamter schmuggelte Fleisch und Handys ins Gefängnis.
Ein Justizwachebeamter schmuggelte Fleisch und Handys ins Gefängnis. ©APA
Am Donnerstag musste sich ein ehemaliger Justizwachebeamter wegen Amtsmissbrauchs und Betechlichkeit vor Gericht verantworten. Er hatte Handys und rohes Fleisch ins Gefängnis geschmuggelt.

Im Jahr 2013 hatte der Angeklagte einem Häftling der Justizanstalt Wien-Josefstadt über Monate hinweg Mobiltelefone und rohes Fleisch ins Gefängnis geschmuggelt und auch verbotenerweise einen DVD-Player zum Filmschauen überlassen. Der 35-Jährige präsentierte sich vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Elisabeth Reich) umfassend geständig: “Es war ein Fehler. Ich hab’ es halt getan. Es war mir egal.” Er habe sich dem betreffenden Häftling freundschaftlich verbunden gefühlt: “Ich hab’ ihn nicht als Insassen gesehen. Wir haben zusammen in der Pause Darts gespielt. Wir haben auch über Privates gesprochen.” Der Angeklagte wurde am Donnerstag im Straflandesgericht wegen Amtsmissbrauchs und Bestechlichkeit zu 17 Monaten bedingter Haft verurteilt.

Der Mann, den der Wachebeamte mit insgesamt zehn Handys und regelmäßigem Fleischnachschub versorgte, indem er die Waren von Angehörigen des 36-Jährigen übernahm und diesem aushändigte, saß damals wegen diverser Vermögensdelikte in U-Haft. Der zehnfach Vorbestrafte wurde nun als Bestimmungstäter zum Amtsmissbrauch und wegen Bestechung zu 20 Monaten unbedingt verurteilt. Sein Verteidiger Philipp Winkler führte ins Treffen, sein Mandant sei auf ein illegales Handy angewiesen gewesen, um den Kontakt zu seiner Familie nicht abreißen zu lassen: “Die Telefone in der Anstalt, mit denen man offiziell Gespräche führen darf, sind regelmäßig defekt.”

Handys und Fleisch ins Gefängnis geschmuggelt

Den Großteil der in den Häfen geschmuggelten Handys wollte der 36-Jährige aber weiterverkaufen. Eine im Strafvollzug offenbar durchaus übliche Praxis, wie der viel beschäftigte Verteidiger Winkler wusste: “Handys gibt’s überall. In jeder Justizanstalt.” Der Anwalt berichtete von einem Fall, wo Insassen der JA Wien-Simmering derart viele illegale Mobiltelefone angesammelt hätten, dass sie diese in anderen Zellen “bunkern” mussten, weil es in ihren eigenen Hafträumen keine ausreichenden Verstecke mehr gab.

Auch Fleisch wird scheinbar regelmäßig in die Gefängnisse geschmuggelt, damit Insassen die nicht unbedingt beliebte Gefängniskost auffetten und sich selbst Gerichte zubereiten können. “Ich sag’s Ihnen ganz ehrlich, das mit dem Fleisch hat jeder getan”, offenbarte der zur Anklage gebrachte Ex-Justizwachebeamte freimütig dem Gericht. Ein an sich verbotenes DVD-Gerät hätte nicht nur der Mitangeklagte besessen: “Vor ihm haben andere Hausarbeiter auch eines gehabt.” Prozessbeobachter hätten sich nun Fragen des Staatsanwalts nach den betreffenden Häftlingen und involvierten Ex-Kollegen des früheren Wachebeamten erwartet, der nach Bekanntwerden der Vorwürfe suspendiert wurde und mittlerweile als Industrie-Arbeiter beschäftigt ist. Solche Fragen zwecks Verfolgung weiterer möglicher Bestechungsvorgänge im größten Gefängnis des Landes blieben allerdings aus.

Dafür berichtete der mitangeklagte Häftling, er habe das ihm angelieferte Fleisch im Gefängnis zunächst “tiefgefroren” und dann “zum Selberkochen verbraucht”. Er bzw. seine Familie hätten nicht ausreichende finanzielle Mittel gehabt, um sich bei der sogenannten Ausspeis – ein Mal pro Woche werden Lebensmittel, die über die Deckung der Grundbedürfnisse hinausgehen, an Häftlinge verkauft – einzudecken. Dem Vernehmen nach soll es allerdings Justizanstalten geben, wo Häftlinge auch für ihr Wachpersonal kochen und dabei illegal beschaffte Zutaten verwenden, die auf verschlungenen Wegen in die Bratpfannen und Kochtöpfe gelangt sind.

Der Ex-Justizwachebeamte und der Häftling waren mit den über sie verhängten Strafen einverstanden. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

(APA)

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