Justizausschuss: Reform des Maßnahmenvollzugs beschlossen

Zadic freute sich, dass nun endlich der "erste Meilenstein" für die menschenrechtskonforme und treffsichere Unterbringung psychisch kranker Rechtsbrecher gesetzt wird.
Neues Gesetz zum Maßnahmenvollzug soll 2023 in Kraft treten
Jetzt sei "die nächste Hürde überwunden" - und mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes im Jahr 2023 werden "50 Jahre Stillstand zu Ende" sein, sagte die Ministerin gegenüber der APA. Die Reform bringe endlich "klare und gerechte Voraussetzungen, damit nur mehr tatsächlich gefährliche Personen im Maßnahmenvollzug untergebracht werden". Bisher werde nicht unterschieden zwischen einem psychisch kranken Jugendlichen, der einen Gerichtsvollzieher schubst, und einem schweren Gewalttäter. Dafür sei Österreich zu Recht von Experten kritisiert worden.
Das soll für Straftäter ändern
Neben einer allgemeinen Anhebung der Strafschwellen wird es für Jugendliche künftig eigene Regelungen geben, zudem werden im Gesetzestext künftig neutralere und weniger stigmatisierende Formulierungen verwendet, umriss Zadic den Inhalt der von ihr ausverhandelten Neuerungen.
Der Kern der Reform ist die Erhöhung der Strafschwellen für Anlasstaten. Psychisch kranke Rechtsbrecher können nur mehr dann potenziell lebenslang in eine Anstalt eingewiesen werden, wenn das Anlassdelikt mit mehr als drei Jahren (bisher: ein Jahr) Freiheitsstrafe bedroht ist (bei Gefahr für sexuelle Integrität oder Leib und Leben schon ab einem Jahr). Anders als bisher gelten für die Einweisung Jugendlicher noch höhere Schwellen: Sie sollen künftig erst bei einem Kapitalverbrechen, also ab zehn Jahren Strafdrohung, in den Maßnahmenvollzug kommen.
Die relevanten Prognosetaten bei Unterbringung im Maßnahmenvollzug waren bisher gefährliche Drohung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Sie kommen mit der Reform nicht mehr als rechtliche Grundlage in Betracht.
SPÖ mit Gesetzesentwurf unzufrieden
Sehr unzufrieden mit dem Gesetzesentwurf war hingegen SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim: Zadic sei da "leider kein großer Wurf gelungen", in der Praxis werde sich relativ wenig ändern, "das Gesamtproblem wird nicht gelöst", stellte sie in einer Aussendung fest. Schon 2015 sei die Reformkommission zum Schluss gekommen, dass zwei Drittel der Insassen zu Unrecht im Maßnahmenvollzug untergebracht sei. "Das sind erschütternde Zahlen, eine kosmetische Reform wird zur Behebung dieser Missstände nicht reichen", vermisste Yildirim etwas ein ausreichendes Therapieangebot samt den nötigen forensisch-therapeutischen Zentren oder eine Konkretisierung der Terrorismus-Bestimmungen, die immer noch zu viel Interpretationsspielraum zuließen.
NEOS für "Mindeststandards der Befundaufnahme"
Auch aus Sicht von NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter ändert der Regierungsentwurf nichts an der Grundproblematik. Er verwies vor allem auf das Problem, dass viele wegen unzulänglicher psychiatrischer Gutachten ungerechtfertigt im Maßnahmenvollzug angehalten würden. Margreiter plädierte deshalb für "Mindeststandards der Befundaufnahme" und die Möglichkeit für Betroffene, eine Zweitbegutachtung einzufordern.
FPÖ fürchtet um Sicherheit der Bevölkerung
Anders als SPÖ und NEOS befürchtetet die FPÖ, dass die Sicherheit der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt wird. Justizsprecher Harald Stefan missfiel speziell, dass Jugendliche im Maßnahmenvollzug nach spätestens 15 Jahren freikommen sollten, ungeachtet ihres Gefährdungspotenzials. Zudem fehle es an Einrichtungen für eine sichere Anhaltung psychisch kranker Rechtsbrecher, verwies Stefan darauf, dass Psychiatrien kaum darauf vorbereitet seien.
(APA/Red)