AA

Juschtschenko: Ursache weiter unklar

Das Wiener Privatspital Rudolfinerhaus hat Mittwochabend Presseberichte über eine nachgewiesene Vergiftung des oppositionellen ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Viktor Juschtschenko dementiert.

Er könne „nachdrücklich festhalten, dass wir bis dato noch keinen Nachweis eines Gifteinflusses erbringen konnten“, sagte der Präsident des Rudolfinerhauses, Michael Zimpfer, am Mittwochabend auf einer Pressekonferenz.

Betrachte man das ungewöhnliche Krankheitsbild Juschtschenkos, „dann ist es durchaus mit einer Substanzwirkung in Einklang zu bringen“, sagte Zimpfer weiter. Es habe weder ein Erreger noch ein Ursachennachweis gefunden werden können, der typischerweise zu vielen Krankheitsbildern dazugehöre. Aber eine Vergiftung sei nicht „schlüssig bewiesen“. Auch eine endogene Krankheitsursache, ohne Einwirkung von außen, wollte er nicht ausschließen.

Nikolai Korpan, Ukrainer und behandelnder Arzt von Juschtschenko im Rudolfinerhaus, bestätigte, es gebe drei Vermutungen, die überprüft werden müssten. Diese hätten mit Giften wie Dioxin oder Colchicin (dem Gift der Herbstzeitlosen) zu tun. Nach Angaben von Zimpfer ist die Dioxin-Hypothese auf die Hautveränderungen in Juschtschenkos Gesicht in den vergangenen Wochen zurückzuführen. Das Gesicht des Präsidenschaftskandidaten ist mit Pusteln und Wunden übersät.

Unter dem Begriff Dioxin werden mehr als 50 verschiedene Stoffe zusammengefasst. Das bekannteste und gefährlichste ist das als Seveso-Gift bekannt gewordene TCDD (2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin), das schon in einer Konzentration von einem millionstel Gramm pro Kilogramm Körpergewicht tödlich sein kann.

Die Londoner Tageszeitung „The Times“ hatte in der Mittwochsausgabe berichtet, auf Juschtschenko sei ein Giftanschlag verübt worden. Das Blatt bezog sich auf ein Telefongespräch mit Korpan. Dieser hatte den Bericht anschließend dementiert.

Der fünffache Vater Juschtschenko war am 10. September im kritischen Zustand erstmals ins Wiener Rudolfinerhaus eingeliefert worden. Die Ärzte diagnostizierten eine Entzündung im Magen, Dünndarm, in der Bauchspeicheldrüse und im Ohr, sowie eine Leberschwellung und die Lähmung eines peripheren Gesichtsnervs. Auf einer Pressekonferenz Anfang Oktober hatte Zimpfer erklärt: „Von unserem Standpunkt aus weichen die Symptome, vor allem die Schmerzen, von allem anderen ab, was wir zuvor gesehen haben.“ Daraufhin waren internationale Experten in die Untersuchung einbezogen worden.

Juschtschenko gewann die erste Runde der Präsidentenwahl knapp, unterlag aber nach offenkundigen Manipulationen dem pro-russischen Kandidaten Janukowitsch in der Stichwahl am 21. November. Erst nach tagelangen Protesten der Opposition erklärte der Oberste Gerichtshof in Kiew die Stichwahl für ungültig und setzte den 26. Dezember als neuen Wahltermin an.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Juschtschenko: Ursache weiter unklar
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.