“Der Gerichtsbetrieb läuft ganz normal. Alle sind da, wir arbeiten Rückstände auf”, erklärt sie. Egger klagt über die derzeitige Situation an den Gerichten. Über zu wenig Personal und zu viel Arbeit. Nicht nur für sich, sondern auch in ihrer Rolle als Vorsitzende der Vorarlberger Richtergewerkschaft. “Es ist sehr belastend. Es gehen viele Abende und Wochenenden drauf, um den Aktenberg zu bewältigen”, erzählt Egger.
“Fragen Sie einmal meinen Lebenspartner, der kann da einiges darüber erzählen. Der hat auch keine Gaude, wenn ich das Wochenende im Büro verbringe oder Arbeit mit nach Hause nehme”, fügt sie hinzu. Als Gewerkschafterin sei sie ein Sprachrohr für die Anliegen vieler Kollegen: “Es ist wichtig, dass ich die Kollegenschaft hinter mir habe. Derzeit ist das aber einfach. Schließlich sind alle an der Grenze der Belastbarkeit.” Fremdwort Freizeit Freizeit ist für Egger schon seit Längerem ein Fremdwort. Früher hat sie gleichzeitig gearbeitet, ein Studium absolviert und einen Sohn groß gezogen. “Wenn man etwas will, dann geht es auch”, sagt die ambitionierte 36-Jährige. Soweit sie sich erinnern kann, wollte Egger immer schon im sozialen Bereich arbeiten: “Jetzt bin ich eben juristische Sozialarbeiterin.” Nach der Geburt ihres Sohnes vor 20 Jahren arbeitete sie tatsächlich im Sozialbereich, wechselte dann aber als Sekretärin in eine Kanzlei.
“Ich wollte wissen, ob es überhaupt das Richtige ist”, meint sie. Egger entschied sich endgültig für den Beruf als Juristin und schloss ihr Jus-Fernstudium vor sechs Jahren ab. “Ich war immer nebenbei berufstätig, deshalb konnte ich nicht in eine Universitätsstadt ziehen”, erzählt sie. Hobbys hat sie keine. “Dafür habe ich einfach keine Zeit.” In einem Beruf wie dem ihren sei es auch nicht einfach, in der Freizeit abzuschalten. “Gerade im Sittlichkeitsbereich ist es oft belastend. Da geht man nicht einfach aus dem Gericht und denkt nicht mehr daran.” Wenn es die Zeit zulässt, engagiert sie sich aber ehrenamtlich beim Mobilen Hilfsdienst in Dornbirn. Schließlich sitzt Egger dort im Vorstand. Übersetzerin Als Richterin Entscheidungen zu treffen sei nicht immer einfach.
“Aber dafür sind wir ja da. Klar gibt es manchmal Schwierigkeiten. Etwa, wenn Aussage gegen Aussage steht. Da muss man Sympathien außer Acht lassen und die Entscheidung gut begründen.” Die Dornbirnerin sieht sich nicht nur als Juristin, sondern auch als Übersetzerin: “Das Amtsdeutsch versteht ja fast niemand. Für mich persönlich ist es wichtig, dass das Urteil nachvollziehbar ist. Es bringt ja nichts, wenn ich den Menschen die Paragrafen um die Ohren haue.” Soweit wie möglich nimmt sie sich dafür auch Zeit.
“Ich will keine Abfertigungen im Viertelstundentakt”, sagt sie. Egger glaubt, dass das auch den Beschuldigten auffällt: “Es ist mir auch schon passiert, dass sich Angeklagte nach einem Schuldspruch bei mir bedankt haben. Einfach, weil es ein faires Verfahren war.”