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Juncker vom Europaparlament zum Kommissionspräsidenten gewählt

Mit 422 Stimmen klar über notwendiger Mehrheit von 376 Abgeordneten
Mit 422 Stimmen klar über notwendiger Mehrheit von 376 Abgeordneten ©EPA
Jean-Claude Juncker ist vom EU-Parlament am Dienstag mit deutlicher Mehrheit zum neuen Kommissionspräsidenten gewählt worden. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gab bei der Sitzung in Straßburg am Nachmittag bekannt, dass Schulz 422 Stimmen erhalten hat. Dagegen haben 250 Abgeordnete gestimmt.
EU stimmt über Juncker ab

Insgesamt gaben 729 Europamandatare ihre Stimme ab. Davon waren 47 Zettel leer, diese wurden als Enthaltung gezählt, sagte Schulz. Zehn weitere Stimmzettel waren ungültig. Schulz sagte, es sei damit ein “historischer Prozess abgeschlossen” worden. Mit dem Ergebnis sei eine “fundamentale Richtungsänderung in den Strukturen der EU erreicht worden”. Das Resultat des Prozesses sei mit Juncker der nächste Präsident der Kommission, “der wie kein anderer gestärkt in sein Amt gehen wird”.

Schulz wünschte Juncker als “designierter Kommissionspräsident von Herzen viel Erfolg. Freuen Sie sich über die, die Sie unterstützt haben, aber freuen Sie sich auch über die Gegner. Ohne Gegner kann man kein eigenes Profil entwickeln”. Schulz fügte allerdings hinzu, dass Juncker natürlich schon ein solches habe, und wünschte:”Glück auf!”

Juncker zeigte sich erleichtert. Er stimme dem von Schulz vorgeschlagenen Prozedere der schriftlichen Übermittlung des Wahlausgangs natürlich gerne zu. “Aber bitte schicken Sie die Kopien an alle” in der EU, spielte der neue Kommissionspräsident offenbar auf Großbritannien und Ungarn an, ohne aber deren Premiers namentlich zu nennen. Der britische Premier David Cameron und der ungarische Regierungschef Viktor Orban hatten zuletzt beim EU-Gipfel als einzige der 28 Staats- und Regierungschefs die Nominierung Junckers abgelehnt.

Juncker kann nun die einzelnen Kandidaten für seine neue Kommission benennen. Österreich hat neuerlich Regionalkommissar Johannes Hahn (ÖVP) als Kandidat nominiert.

Humorvolle Debatte

Die Debatte im Europaparlament vor der Wahl von Jean-Claude Juncker zum neuen EU-Kommissionspräsidenten hat sich eher humorvoll als gehässig gestaltet. Juncker selbst ging am Dienstag auf Vorwürfe des britischen EU-Gegners Nigel Farage und der Französin Marine Le Pen mit einem leichten Sarkasmus ein.

Farage hatte Juncker attestiert, “jemand zu sein, der einen bessere Sinn für Humor hat als die meisten, die ich in Brüssel getroffen habe”. Allerdings sei eine Abstimmung über nur einen Kandidaten vergleichbar mit ehemaligen Sowjetzeiten. Auch die geheime Wahl sei eine “Beleidigung der Wähler”.

Juncker meinte dazu lediglich, mit seiner Kritik an der geheimen Wahl wolle Farage nur verhindern, “dass seine Wähler herausfinden, dass er für mich gestimmt hat. Von daher gesehen empfiehlt sich doch eine geheime Abstimmung”. Juncker launig: “Die geheime Wahl ist eine Konzession zugunsten von Herrn Farage. Ich hätte das nicht gemacht.”

Juncker “dankte” Le Pen

Le Pen vom rechtsextremen Front National kritisierte, dass “Juncker am Unheil unserer Völker teilnehmen” werde. Bei den EU-Wahlen in Frankreich hätten die Franzosen “Nein zu Brüssel, Nein zur Konfiszierung der Demokratie, Nein zur Dummheit der regressiven Politik und zur organisierten massiven Einwanderung gesagt”. Die EU sei ein “verrücktes, tödliches Projekt” geworden. Juncker sei tatsächlich bei den EU-Wahlen nicht gewählt worden und habe keine Legitimität. Er wolle jetzt die ganze EU zu einem Steuerparadies ausweiten. Es sei notwendig, “endlich die Kommission und die ganze europäische Technostruktur in den Papierkorb der Geschichte werfen zu können”. Juncker antwortete, er “danke Le Pen, dass Sie nicht für mich stimmen. Ich bin Ihnen zu tiefstem Dank verpflichtet”.

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