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Jürgen Penker:“ Das Torhütertraining wird vernachlässigt!“

Leser fragen – Capitals Goalie Jürgen Penker antwortet. Im Gespräch mit Thomas Muck spricht der Torhüter über die Trainingsgestaltung, sein System welches ihm zu Höchstleistungen führt und erklärt warum Torhütertraining im Eishockey einen höheren Stellenwert haben sollte.

Vienna Online: Jürgen ein Interview bei dem nur Leser die Fragen stellen. Ist es eine Premiere für dich?

Jürgen Penker: Nein, bis jetzt habe ich ein solches Interview noch nicht gemacht. Also ist es eine Premiere für mich.

Vienna Online: Aufgrund einer Verletzung bist du heuer später in die Saison gestartet. Trotz der langen Pause hast du sofort sehr gute Leistungen gezeigt. Du hast immer wieder gesagt, dass hättest du aufgrund deiner Vorbereitung geschafft. Was hast du gemacht?

Jürgen Penker: Meine Vorbereitung fängt bereits im Sommer an. Ich bin jedes Jahr in einem Sommer Camp in Schweden. Dort gibt es Tormann-Trainer mit denen ich schon seit längerer Zeit zusammenarbeite. Bei diesen Camps werden die Säulen für die Saison gelegt. Dort viel an den Basisdingen des Torhüterspiels gearbeitet. Wie zum Beispiel an der richtigen Torhüterposition. Wie gesagt das startet bei mir schon im Sommer – da bin ich in Stockholm.

Danach hatte ich in Wien eine sehr harte Vorbereitung. Die Verletzung war dann Pech. So was kann passieren. Aber ich habe aufgehört zu trainiert. Ich habe alles versucht was mit dem Fuß möglich war zu machen. Ich denke, dass war ausschlaggebend dafür das ich schnell wieder zurückkommen konnte.

Vienna Online: Auf ESPN America sieht man die Top-Goalies der NHL mit Bällen gegen die Wand jonglieren. Machst du ähnliche Dinge?

Jürgen Penker: Solche Sachen sind normal für einen Tormann. Dazu kommt viel Dehnungsarbeit. Zusätzlich mache ich viel Augentraining, jonglieren, Konzentrationsübungen. Als Goalie arbeitest du auch viel daheim und nicht nur in der Eishalle.

Vienna Online: Torhüter sind im Zuge eines Eishockeyspiels besonders konzentriert. Wie schaffst du es Fehler auszublenden?

Jürgen Penker: Ich glaube das kommt mit dem Alter und der Routine. Fehler passieren im Eishockey, in der Arbeit und im Leben. Wenn du älter wirst lernst du das Fehler passieren müssen. Wenn er dann passiert, musst du schauen, dass er so schnell wie möglich aus dem Kopf hinauskommt. Denn du darfst nie den Fokus auf die nächste Scheibe verlieren. Mir ist zum Beispiel in Klagenfurt ein Fehler passiert. Wir waren 3:1 zurück – haben das Spiel am Ende trotzdem gewonnen. Wenn du nach einem Fehler aufhörst Eishockey zu spielen gehst du mit einer klaren Niederlage vom Eis und hast verloren.

Vienna Online: Wie schaffst du es auf dem Eis einen Fehler zu verarbeiten? Hilft dir ein lautes „böses“ Wort um wieder in die Konzentration zurückzukommen?

Jürgen Penker: Na ja wenn du ein Tor bekommst dann fallen schon mal Worte die du nicht in der Zeitung oder im Fernsehen sagen sollst (schmunzelt). Das gehört dazu. Aber danach geht es gleich weiter.

Wer mich sieht wird feststellen, dass ich während eines Spiels völlig abschalte. Ich schaue nicht in die Fans oder ins Publikum. Da bin ich in ‚meiner Welt’. In den zwei, zweieinhalb Stunden versuche ich mich nur auf den kleinen schwarzen Puck zu konzentrieren. Ich hoffe einfach, dass ich der Mannschaft in der Saison noch viel zurückgeben kann.

Vienna Online: Du hast selbst gesagt, dass du in Schweden in deiner sportlichen Entwicklung einen großen Schritt gemacht hast. Wie würdest du diese sehen? Was hast du in Schweden dazugelernt?

Jürgen Penker: In Schweden arbeitest du mit guten Tormanntrainern zusammen. Das sind Leute die im Tormannbereich große Ahnung haben. Die helfen dir in deiner persönlichen Entwicklung gewaltig weiter.

Ich habe selbst früher nicht geglaubt, aber das Goalie brauchst du viel Routine. Das stimmt natürlich. Aber auf der Seite muss man wissen, was in bestimmten Situationen passieren kann. Du musst solche Dinge dann wegstecken und darauf musst du dich vorbereiten. Egal ob du ein Lob bekommst oder ein negatives Ereignis auftritt – es gehört zum Sport dazu.

Egal ob es in der NHL ist oder in einer kleineren Liga. Torhüter kriegen manchmal blöde Tore. Das gehört dazu. Aber genau das musst du in diesen Augenblick ausblenden. Denn nur so kannst du der Mannschaft im Laufe des Spiels mit einer Glanzparade helfen.

Vienna Online: Du hast das Tormanntraining angesprochen. Glaubst du, dass zu wenig spezifisch für Goalies in Österreich trainiert wird?

Jürgen Penker: Das ist sicher ein Riesenpunkt in unserem Land. Ich habe ein Interview von Salzburg-Trainer Page gehört. Da hat er gemeint, dass wir in Österreich bessere Trainer für den Nachwuchsbereich benötigen würden. Ich denke das ist ein Kriterium das man braucht oder sich überlegen muss. Aber auch in den Vereinen. Vielleicht müssen Teams in diesen Punkt auch mehr Geld ausgeben damit gute Tormanntrainer nach Österreich kommen und ausgebildet werden. Egal ob das ich bin oder andere Goalies die jetzt in unserer Liga spielen.

Ich glaube jeder Verein sollte in Österreich in Zukunft über einen Tormanntrainer nachdenken und auch auf dieser Position professionell arbeiten.

Vienna Online: Wie schafft man es als Goalie seine Bestform zu konservieren?

Jürgen Penker: Ich kann in diesen Fall nur für mich sprechen. Ich habe ein System in meinen Kopf wie ich im Tor spiele. Wer die Spiele in dieser Saison von mir gesehen hat wird feststellen, dass ich immer dasselbe mache. Das versuche konstant auf das Eis zu bekommen. Wenn du dann noch ein gutes Gefühl bekommst merkst du, dass dieses System funktioniert.

An dem arbeite ich jeden Tag – natürlich auch im Training. Wer mir beobachten würde könnte feststellen, dass es bei mir keinen Unterschied gibt ob es Training oder Spiel ist. Ich versuche mich jeden Tag weiterzuentwickeln. Das funktioniert glaube ich ganz gut und das spiegelt sich in guter Form wieder.

Vienna Online: Wie viel Prozent der Leistung eines Goalies macht der Kopf, das Talent und die Trainingsarbeit aus?

Jürgen Penker: (überlegt kurz) Diese drei Punkte sind ziemlich ausgeglichen. Ich denke wenn ein Tormann nicht die richtige Einstellung im Kopf hat, wird er es nie auf das Toplevel schaffen. Wenn er aber das Talent nicht mitbringt wird er es auch nicht schaffen.

Ich denke ein Tormann muss sehr vielseitig sein. Die drei Punkte sind sehr wichtig aber es gehören noch andere Punkte dazu. Ausbildung ist sehr wichtig. Ein Goalie muss eine Idee haben was ihm im Tor erwartet. Er muss wissen was er tun muss. Das ist wichtig für unsere Nachwuchstorhüter in Österreich.

Vienna Online: Lass uns über die bisherige Saison sprechen. Wie würdest du sie analysieren?

Jürgen Penker: Wir haben heuer eine sehr starke Mannschaft. Wir sind offensiv sehr stark. Wir erzielen sehr viele Tore – dann ist es auch sehr schön als Goalie für diese Mannschaft zu spielen. In den Partien wo ich gespielt habe, haben wir sehr konstant gepunktet. Nur in einer handvoll Spielen haben wir keinen Punkt angeschrieben.

Vienna Online: Beim Auswärtsspiel in Salzburg haben die Capitals acht Gegentore erhalten. Für einen Goalie ein Alptraum, oder?

Jürgen Penker: Ich denke, dass war letztes Jahr eine ähnliche Situation wie gegen Linz. Solche Spiele passieren einfach jedes Jahr. Das ist mir auch schon passiert! Ich gebe den Rudi Hummel hier überhaupt keine Schuld. Denn in solchen Spielen geht die Scheibe von der Stange hinein. Oder es ist ein verdeckter Schuss wo du praktisch keine Abwehrchance hast. Es war viel Pech dabei. Wir haben gemeinsam das Spiel und die Gegentore analysiert.

Er hat das Pech gehabt, dass er dieses Spiel erwischt hat. Ich bin auf der Hinfahrt im Bus krank geworden und habe Fieber gekriegt. Es tut mir Leid für den Rudi ,denn es ist schade. Denn ich denke er hat das Talent um in der Liga zu spielen. Rudi hatte heuer viel Pech. Zuerst kam meine Verletzung und er wurde ins kalte Wasser geworfen. Dann das Pech in Salzburg wo ich auf der Fahrt zum Spiel krank werde. Gerade in dem Spiel wo wir auswärts auf die Offensivstärkste Mannschaft zu diesen Zeitpunkt treffen.

Ich glaube trotzdem an den Rudi. Er ist ein Talent, braucht Vertrauen und harte Arbeit auf dem Eis. Der Rudi aus meiner Sicht auf dem richtigen Weg.

Vienna Online: Der Verein hat das Finale das Ziel vorgegeben. Was ist aus deiner Sicht realistisch?

Jürgen Penker: Realistisch ist, dass wir heuer alles erreichen können. Wir müssen an uns glauben – dürfen aber nicht hochnäsig werden. Es ist aber noch ein langer Weg bis zur Playoff. Wie schnell es gehen kann haben wir beim KAC gesehen. Zuerst haben sie 17 Spiele gewonnen – dann wieder fünf verloren.

Wir müssen schauen, dass wir fit sind. Wir müssen gutes Eishockey, ein gutes System spielen. Möglich ist alles – aber viele Kriterien werden im Endeffekt entscheiden. Das Potential für das Finale oder den Meistertitel hätten wir.

Vienna Online: Zwischen Weihnachten und den Heiligen Drei Königen ist das Programm sehr hart. Praktisch jeden zweiten Tag gibt es ein Spiel. Wie verkraftest du es?

Jürgen Penker: Für das trainieren wir sehr hart jeden Tag ab dem Sommer. So ist Eishockey. In Schweden haben wir noch mehr Spiele absolviert als in Österreich. Wobei in Schweden habe ich nicht alles gespielt. Aber wie gesagt dafür trainieren wir jeden Tag. Jeden macht es Spaß, dass wir Eishockey spielen dürfen. Wir konnten unser Hobby zum Beruf machen. Daher freuen wir uns auf jedes Spiel! Wenn du dann gewinnst ist es natürlich umso schöner.

Vienna Online: Ab wann ist deiner Meinung nach ein Goalie „überspielt“ oder „leergespielt“?

Jürgen Penker: Ich denke, dass ist eher der Fall wenn du viel verlierst oder der Körper eine Phase hat wo er nicht voll einsatzfähig ist. Oder du dich einfach nicht wohl fühlst.

Aber ich denke solange du dich gut fühlst gibt es keine Probleme. Wenn du eine Pause brauchst dann gilt es wieder hart an den Basisdingen zu arbeiten. So kommst du dann auch wieder mental in Schuss!

Wenn du dich aber wohlfühlst und Spaß am Job hast stimmt auch die Leistung und der Kopf. Das ist einfach wie fast alles im Leben.

Vienna Online: Stichwort Statistiken. Schaust auf die wie viele Schüsse auf dein Tor gekommen sind und wie viel Prozent du davon gehalten hast?

Jürgen Penker: (blickt ernst) Ja, mit Sicherheit. Denn es ist die einzige Statistik die wir haben. Ich möchte mich jetzt nicht beklagen aber in Österreich sind die Statistiken nicht ganz richtig. Bei uns macht sie der Rudi Hummel. Mir fehlen heuer schon gut 50 Schüsse auf mein Tor. Aber es ist egal ob wir daheim oder auswärts spielen. Beim letzten Spiel in Zagreb hat die Statistik zehn Schüsse zu wenig auf mein Tor aufgewiesen.

Statistik ist nicht alles. Aber man kann einen Blick darauf werfen und feststellen wie sich die Leistungskurve eines Goalies entwickelt. Das wichtigste am Ende ist aber ob die Mannschaft gewinnt. Mir ist lieber wenn ich nur 80 Prozent der Scheiben abwehre und 6:5 gewinne als wenn ich verliere und habe 95.

Vienna Online: Jürgen rund um Neujahr beginnen auch die Planungen für die kommende Saison. Dein Vertrag läuft zum Saisonende aus. Könntest du dir eine Verlängerung in Wien vorstellen?

Jürgen Penker: Mir gefällt es sehr gut in Wien. Mit der Mannschaft läuft es gut. Ich bin sehr zufrieden mit dem Management. Das Umfeld bei den Capitals passt. Ich kann mich auf meine sportlichen Aufgaben konzentrieren. Prinzipiell spricht nichts dagegen, dass ich nächste Saison wieder in Wien spielen möchte.

Was die Zukunft bringt weiß ich noch nicht. Bis jetzt habe ich noch kein Angebot von den Capitals auf dem Tisch. Wir werden sehen.

Vienna Online: Dir wird ein angespanntes Verhältnis zu Teamchef Bill Gilligan nachgesagt. Würdest du mit privat essen gehen?

Jürgen Penker: (lacht) Auf jeden Fall! Ich habe überhaupt kein Problem mit Bill Gilligan! Natürlich war ich enttäuscht, dass ich letztes Jahr für die Weltmeisterschaft einberufen wurde. Aber ich denke, dass musst du als Sportler auch sein. Wenn es einen egal ist, dass man nicht zu einer Weltmeisterschaft mitgenommen wird dann läuft einiges falsch. Aber auch die beiden Absagen für das Nationalteam haben nichts mit dem Teamchef zu tun. Ich war krank und habe leider absagen müssen.

Wie gesagt ich habe kein Problem mit dem Teamchef und würde jederzeit mit ihm auf einen Kaffeegehen oder gemeinsam essen.

Vienna Online: Oder auch auf ein Bier?

Jürgen Penker: (schmunzelt) Nur wenn es der Trainer erlaubt!

Vienna Online: Was sind deine Wünsche an das Jahr 2011?

Jürgen Penker: Für mich und meine Familie wünsche ich mir viel Gesundheit. Natürlich auch für meine Freunde und für die Mannschaft. Das ist mal das wichtigste. Ein Traum von mir ist ein mal einen Meistertitel zu gewinnen. Das ist mir bisher noch nicht gelungen. Natürlich wäre das sehr schön wenn es passieren würde.

Das Gespräch führte Thomas Muck

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