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Josef Grünwidl übernimmt als Wiener Erzbischof

Grünwidl (links) tritt als Wiener Erzbischof in die Fußstapfen von Schönborn (rechts).
Grünwidl (links) tritt als Wiener Erzbischof in die Fußstapfen von Schönborn (rechts). ©APA/HANS KLAUS TECHT
Der Nachfolger von Kardinal Christoph Schönborn als Wiener Erzbischof heißt Josef Grünwidl.

Josef Grünwidl wird neuer Wiener Erzbischof. Das gab der Vatikan Freitagmittag in seinem "Bollettino" bekannt. Der 62-Jährige, der nach dem Rücktritt von Kardinal Christoph Schönborn im Jänner als Apostolischer Administrator übernommen hatte, will ein Teamplayer, Brückenbauer und Seelsorger sein, wie er bei einer Pressekonferenz betonte. Seine Weihe zum Bischof soll voraussichtlich am 24. Jänner stattfinden, vornehmen soll sie Schönborn.

Grünwidl: "Gott will mich nicht perfekt, sondern verfügbar"

Grünwidl, der bis dahin als "ernannter Bischof" angesprochen wird, hatte in der Vergangenheit eigentlich betont, das Amt nicht übernehmen zu wollen. "Sehr lang hat es gedauert", sagte er nun zum neunmonatigen Warten auf einen Nachfolger nach dem Rücktritt Schönborns. Während seiner Zeit als Apostolischer Administrator habe er allerdings erkannt: "Gott will mich nicht perfekt, sondern verfügbar." "Perfekt" und "vollkommen" seien hingegen Kategorien, die für Gott gelten. Er habe schließlich "aus vollem Herzen und gern 'Ja'" zu dieser Aufgabe gesagt.

Sein ursprüngliches "Nein" begründete er damit, dass er sich in den ersten Wochen von den vielen neuen Aufgaben "wirklich erschlagen" gefühlt habe. Im Laufe der neun Monate habe er die Arbeitsbereiche sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber besser kennengelernt. Bei Besuchen in Pfarren habe er zudem den Wunsch vernommen, er solle nicht nein sagen, wenn er gefragt werde; und nun habe sich auch der Papst für ihn entschieden. Er habe sich gewünscht, dass Grünwidl sein Nachfolger wird, stellte am Freitag auch Schönborn fest.

Ein fertiges Konzept für seine Arbeit als Erzbischof hat Grünwidl noch nicht. Er habe sich aber vorgenommen, nicht in Managementaufgaben unterzugehen und stattdessen Seelsorger zu bleiben. Er wolle immer wieder zu den Armen, Kranken, Kindern und Jugendlichen hinausgehen, sagte er. Den weiteren Weg der Diözese will er als Teamplayer gestalten, und sowohl innerhalb der Kirche als auch im interreligiösen Dialog Brücken bauen.

Grünwidl gab sich progressiv

Angesprochen auf umstrittene Themen gab er sich weiterhin progressiv. Das Zölibat werde es in der Kirche zwar immer geben, sollte aber eine "freie Entscheidung sein", meinte Grünwidl. Er könne sich auch vorstellen, "dass Frauen ins Weihamt aufgenommen werden." Diese Frage könne aber nur bei einem ökumenischen Konzil geklärt werden. Jedenfalls plädierte er dafür, dass Frauen vermehrt in Entscheidungsgremien der Kirche eingebunden werden. Zum politischen Tagesgeschehen wolle er zwar nicht "ständig Kommentare abgeben", sich aber äußern, wenn es um Menschenrechte oder den Schutz des Lebens geht.

"Die Kirche soll im Dorf bleiben", sagte Grünwidl angesichts des Spardrucks. Eine Herausforderung sieht er darin, die Kirche als "spirituellen Nahversorger" aufrechtzuerhalten. Problematisch sei der Mitgliederschwund. Um neue Anhänger zu gewinnen, müsse die Kirche auf die Menschen zugehen, ist er überzeugt. Es gelte, die "Melodie des Evangeliums" - eine Botschaft von Hoffnung und Zuversicht - an die Menschen zu bringen.

Grünwidls Ernennung ist am Freitag seitens Politik und Kirche sowie von Vertretern anderer Religionsgemeinschaften einhellig begrüßt worden. Der Ministerrat, der gemäß Konkordat mit der Angelegenheit befasst werden muss, hat die Personalie bereits abgesegnet. Ob Grünwidl wie Schönborn und dessen Amtsvorgänger auch zum Kardinal ernannt wird und damit ein Stimmrecht bei der Wahl des nächsten Papstes bekommt, ist noch offen.

Van der Bellen gratulierte

Mit einhelliger Freude ist am Freitag die Ernennung von Josef Grünwidl zum neuen Wiener Erzbischof begrüßt worden. Gratulation kam etwa von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der Grünwidl "alles Gute für diesen verantwortungsvollen Dienst" wünschte. Freudenbekundungen richteten auch Grünwidls Amtskollegen aus. Dieser sei eine gute Wahl und man freue sich auf die Zusammenarbeit, ließen die österreichischen Bischöfe wissen.

Von "großer Freude" in der ganzen Kirche Österreichs schrieb etwa Bischofskonferenz-Vorsitzender Erzbischof Franz Lackner. Wien bekomme mit Grünwidl einen "wirklichen Hirten, einen Seelsorger". Ähnliche Töne stimmte der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl an. Grünwidl sei für das Amt bestens geeignet. Der Innsbrucker Bischof Hermann Gletter, der selbst als Kandidat gehandelt worden war, sah eine "solide" Entscheidung des Papstes. Für den Kärntner Bischof Josef Marketz ist Grünwidl mit den spezifischen Herausforderungen und Besonderheiten der Kirche in Wien bereits bestens vertraut. Dieser habe als Administrator viele Sympathien gewonnen. Der Vorarlberger Bischof Benno Elbs bezeichnete den Nachfolger von Kardinal Christoph Schönborn als feinfühligen Vermittler des Evangeliums.

Evangelischer Wiener Superintendent spricht von "Geschenk"

Durchwegs positive Reaktionen kamen am Freitag laut Kathpress auch von den anderen christlichen Konfessionen. Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Bischof Tiran Petrosyan, hob in seinem Glückwunschschreiben im Namen aller Glaubensgemeinschaften die bisherigen Beziehungen zur Katholischen Kirche und insbesondere auch zur Erzdiözese Wien hervor. Man freue sich auf die erwartbare "Fortsetzung des guten ökumenischen Miteinanders in Österreich" unter Grünwidl, schrieb er in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress.

Von der evangelischen Kirche meldete sich Bischof Michael Chalupka erfreut darüber, dass mit Josef Grünwidl "der vorbildliche Weg der Ökumene in Österreich weitergegangen und noch vertieft werden kann". Als "Geschenk" bezeichnete der evangelische Wiener Superintendent Matthias Geist Grünwidl. Glück- und Segenswünsche kamen auch vom orthodoxen Metropoliten Arsenios Kardamakis.

"Herzliche Gratulation und beste Wünsche" kamen auch vom Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch: "Wir freuen uns auf die Fortführung der Zusammenarbeit wie mit den sehr geschätzten Vorgängern Kardinal Christoph Schönborn und Kardinal Franz König", ließ Deutsch via X wissen.

Stocker wünschte neuem Wiener Erzbischof "viel Kraft und Zuversicht"

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) zeigte sich auf X erfreut und wünschte dem neuen Erzbischof "viel Kraft und Zuversicht für die Aufgaben im neuen Amt". Kultusministerin Claudia Plakolm (ÖVP) hob hervor, dass Papst Leo XIV. mit Grünwidl einen "Erzbischof, der die Kirche in all ihren Facetten kennt", gewählt habe. Bekundungen der Freude kamen auch von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Chefin Leonore Gewessler, die sich auf einen ersten Austausch freut.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) betonte, dass er Grünwidl als "sehr besonnenen, umsichtigen und weltoffenen Seelsorger, Priester und Kirchenvertreter kennengelernt" habe. Mit dessen Ernennung zum Wiener Erzbischof habe Papst Leo XIV. eine "weit über die katholische Kirche hinaus angesehene Persönlichkeit zum Nachfolger für Kardinal Christoph Schönborn berufen". Gratulation kam auch von der Niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Sie wünschte dem gebürtigen Niederösterreicher "viel Kraft und Gottes Segen für diese verantwortungsvolle Aufgabe".

Die Caritas der Erzdiözese Wien freut sich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Erzbischof, der für eine Kirche stehe, die den Menschen nahe ist und Not erkennt. Auch Missio Österreich zeigte sich erfreut wie die Reformbewegung "Wir sind Kirche". Die Ernennung Grünwidls sei "ein erfreuliches Signal an das Kirchenvolk der Erzdiözese Wien", so letztere.

(APA/Red)

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