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John McCain kämpft um politische Karriere

Die Zuneigung gilt in der Politik den Gewinnern. Um Verlierer wird es einsam. Zwei Jahre nach seiner Niederlage bei der Präsidentschaftswahl ficht US-Senator John McCain seinen wohl letzten großen Kampf aus.
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Bei einer Vorwahl am Dienstag sollen ihn die Mitglieder seiner Republikaner in Arizona erneut zum Kandidaten für den Senat küren. Eigentlich eine Formsache, doch McCain muss kämpfen. Ein innerparteilicher Konkurrent macht ihm zu schaffen. McCains Schwierigkeiten illustrieren einen größeren Trend: den Rechtsruck der Republikaner vor der Wahl im November.

Die zähe Wirtschaftsflaute in den USA, die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und giftige ideologische Debatten um die linksliberale Politik von US-Präsident Barack Obama haben eine weitere Polarisierung der politischen Lager in den USA bewirkt, manche würden sagen: eine Radikalisierung. Der Überdruss der Wähler in den USA richtet sich vor der Kongresswahl im November gegen Amtsinhaber allgemein, auch gegen den ansonsten hoch angesehenen 73-jährigen Veteranen McCain, der eher in der politischen Mitte verwurzelt ist.

Wenn der Glaube an die Gestaltungskraft der Politik abnimmt, finden radikalere Stimmen Gehör. Die Stimme, die McCains Karriere ins Wanken bringt, gehört dem früheren Kongressabgeordneten J. D. Hayworth. Als Moderator einer politischen Radiosendung hat sich Hayworth in Arizona vor allem mit strammen Parolen gegen Ausländer am rechten Rand positioniert. Hayworth macht McCain die Senatskandidatur streitig. In Umfragen war er mit McCain zunächst fast gleichgezogen. Inzwischen gilt der Amtsinhaber zwar wieder als Favorit – dafür musste McCain aber einen hohen Preis zahlen.

Denn Hayworths Gegenkandidatur hat McCain eine Anpassung an den politischen Zeitgeist abverlangt, der zumindest an der republikanischen Basis derzeit rechts und unversöhnlich ist. Von seinem eigenen Vorschlag für eine Zuwanderungsreform, die Millionen illegalen Einwanderen in den USA einen Weg zur Staatsbürgerschaft eröffnen würde, will McCain nichts mehr wissen. Auch seine Vorschläge zum Klimaschutz hat er aufgegeben. Dass er als betont unabhängiger Geist wiederholt mit den gegnerischen Demokraten zusammengearbeitet hat, verschweigt McCain. Die zornige Basis würde ihm dies als Kooperation mit dem Feind auslegen.

Das renommierte Online-Magazin “Slate” publizierte kürzlich unter dem Titel “Der traurigste Senator” eine Geschichte, die McCain als gefallenen politischen Helden porträtiert, über den die Zeit hinweggegangen ist. Hayworth sieht in McCains Neupositionierung “eine Wandlung, die dem Wahljahr geschuldet ist”. Er wirft dem Senator außerdem vor, die Zustimmung der Parteibasis “kaufen” zu wollen. Der Vorwurf ist nicht aus der Luft gegriffen: McCain hat mächtige Spender, er konnte mehr als 15 Millionen Dollar (11,80 Mio. Euro) in seinen Wahlkampf stecken, Hayworth nur knapp drei Millionen.

McCains weitere Karriere wird auch davon abhängen, ob ihn die Wähler nun als ehrlich oder als opportunistisch ansehen. Er weiß, dass die derzeitige Verachtung vieler Bürger für das politische Establishment schon prominente Opfer gefordert hat: In Arizonas Nachbarstaat Utah etwa ließ die Parteibasis den langjährigen Senator Bob Bennett durchfallen und nominierte einen jungen Gegner vom rechten Flügel als Senatskandidat. McCain versucht, dem Unmut mit Humor die Spitze zu nehmen. Seine Wahlkampfauftritte beginnt er dieser Tage gerne mit dem Spruch: “Hier kommt der alte Trottel aus Washington.”

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