Der “Zug durch die Kaffs” dauert die ganze Nacht. “Ich bin der einzige demokratische Kandidat, der aus dem ländlichen Amerika kommt”, sucht sich der Übermüdete im “Bauernstaat” des amerikanischen Mittelwestens beliebt zu machen – er weiß, Iowa ist schwer zu beackern.
Es sind Leute vom Land, Männer mit karierten Hemden und groben Gesichtern, die zu den letzten Veranstaltungen vor der ersten parteiinternen Abstimmung (“Caucus”) im US-Präsidentenwahlkampf erscheinen. Was an Themen gefragt ist, sind nicht an erster Stelle der Irak-Krieg und die weite Welt, gemütlich und “menschlich” geht es zu in Iowa. Mitt Romney, Mit-Favorit bei den Republikanern, erzählt, wie er seine Ehefrau kennenlernte. Seine demokratischen Rivalin Hillary Clinton trat gemeinsam mit Mutter und Tochter auf, und der republikanische Ex-Gouverneur und Baptistenprediger Mike Huckabee, liegt laut Umfragen vor allem deshalb so gut im Rennen, “weil er so menschlich wirkt”.
Vielleicht bezeichnend: Der berühmteste Sohn Iowas ist John Wayne (1907-1979), der legendäre Westernstar, bei dem die Welt noch in Ordnung war. Heile Welt noch heute: “Iowa”, schreibt die “Washington Post” dieser Tage, “hat nichts, was man eine große Stadt nennen kann, keine Slums, keine ausgedehnten Vorstädte”. Auf seiner offiziellen Webseite nennt sich Iowa stolz First in the Nation in Sachen Eierproduktion und Sojabohnen. Lediglich zwei Prozent der drei Millionen Einwohner sind Schwarze, “eine Monokultur mit Mais Sojabohnen und evangelikalen Christen”, meint das Blatt ironisch – und doch steht hier Großes zur Entscheidung.
Glaubt man den Kandidaten, ist im “Bauernstaat” derzeit der Hauch der Geschichte zu spüren. Viele Leute sagen mir, sie wollen dabei sein, wenn sich Historisches vollzieht, verkündete Senatorin Clinton. Ein erster “Push”, ein Anstoß im Sojabohnen-Iowa, könnte entscheidend sein – “für die Möglichkeit, die erste Präsidentin der USA zu erleben”. Ähnliches verspürt ihr parteiinterner Rivale Barack Obama: “Unsere Chance ist jetzt! Lasst Euch nicht einreden, Ihr müsstet noch warten.” Der junge, schlanke Mann mit den großen Ohren könnte erster schwarzer Präsident werden.
“Ein epochaler Kampf”, schreibt das “Wall Street Journal”, vollzieht sich derzeit in den USA. “Dieses Jahr markiert das Ende der Reagan-Bush Ära in der amerikanischen Politik”, die mit der Wahl Ronald Reagan 1980 begonnen hatte. Gesucht werde ein neuer Kurs jenseits des derzeitigen Konservatismus, “der zum dominierenden Bestandteil der amerikanischen Politik” gehörte. Das Ende der “Neokons”, der wirtschaftsliberalen Steuersenker deute sich an – ganz gleich, wer am 4. November zum Präsidenten gewählt wird. Und der “Bauernstaat” Iowa – “First in the Nation” in Sachen Eierproduktion und Sojabohnen – hat ein Wörtchen mitzureden.