In Wien legten die Streicher die Geigenbögen an die Saiten. Der Dornbirner Tanzsaal blieb still. Während sich in der Oper 160 Jungdamen mit erröteten Wangen ihren Jungherren zuwandten, fuhren aus Dornbirn die Paare zufrieden nach Haus. Vom Anfängerkurs, vierter Abend. Status: Überlebt. Noch Takte des langsamen Walzers in den Beinen oder auch schmerzhafte Erinnerungen.
Wenngleich Juanita Hieble beteuert, dass Tanzen eine Sportart ohne Verletzungsgefahr sei. Aber sie hat leicht lachen. Wer mit zwölf Jahren das Tanzen erlernt, weiß ungelenken Beinen aus dem Weg zu gehen. 1982 war das. Der Papa hielt den Tanzkurs ab und die Mama im Arm. Und die kleine Tochter Juanita gab sich Mühe, inkognito zu bleiben. Aber ma hots gleich gmerkt, dass sie eine Hieble ist. Die das Tanzen nicht lassen kann.
Blutjunge Assistentin
Mit 13 Jahren besucht sie die Musikhauptschule und assistiert bereits Papa. Fünf Jahre Marienberg folgen und die dreijährige Tanzlehrerausbildung in Wien, wo sie 1987 den Opernball besucht.
Das waren Zeiten: Weit und breit kein Mörtel. Statt Glamourgirls sorgte Franz Josef Strauß für Aufsehen. Vom Juchee segelten Flugzettel aufs Parkett. Vor der Oper tanzten Demonstranten und Polizei ihren ganz persönlichen Walzer.
Ein wenig mag Juanita Hieble noch träumen von diesem einmaligen Erlebnis . Vom Ballsaal, der Musik. Man tanzt einfach schön in der Oper. In ihrer Tanzschule ist indes Videoclip-Dancing der letzte Schrei. Tanzen wie Madonna. Neunjährige wollen das lernen und Frauen um die 50 auch. Und wehe, Juanita Hieble hält sich nicht ans Vorbild. Die Kids kontrollieren scharf.
Vielleicht findet Tanzen ja so aus der Krise. Schon die Dancingstars boten Anlass, das Parkett wieder zu bevölkern. Auf dass immer seltener Paare einander mit bangen Blicken fragen: Welcher Fuß kommt wohl zuerst? Das kennt Juanita. Aber sie weiß auch, dass ein Tanzkurs Entlein in stolze Schwäne verwandeln kann. Rund 500 Menschen bringt sie pro Jahr das Tanzen bei. Gestern legte sie nach Kursende die müden Beine hoch und war übers Fernsehen in Wien dabei. Mit Kennerblick für die Choreografie, etwas weniger interessiert an ordensgeschmückten Heldenbrüsten und berückend tiefen Dekolletés.
ZUR PERSON
Juanita Hieble