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Jazz Fest Wien: McFerrin und Voss

Zuerst der Schubert-Bariton, dann der Burgschauspieler: Bobby McFerrin weiß, wen man einlädt, will man als Gast auf dem Wiener Parkett nicht ausrutschen. Nach dem Singen mit Thomas Quasthoff folgte also am Mittwoch - um Kanzlersprech zu verwenden - Sudern mit Gert Voss.

Der zweite Abend des Jazz Fest Wien bot nämlich neben der herkömmlichen One-Man-Band eine rund 20-minütige Fassung von Thomas Bernhards “Elisabeth II.”. Das Publikum dankte es beiden mit hörbarer Begeisterung.

Es ist eine der Paraderollen von Voss: Der verschrobene Großindustrielle Herrenstein, halb blind und im Rollstuhl sitzend, beobachtet von seinem Balkon aus den Besuch der englischen Königin und nutzt den Anlass, um über Dummheit, Kunstbetrieb und österreichische Attraktionen wie Nazis und Kurorte zu räsonieren. Dem 1995 zum “besten Schauspieler Europas” gekürten Voss fällt das nicht schwer, McFerrin gibt den Diener Richard – und zwar auf eine riskante Weise nahe dem scheinbaren Ulk.

Da hilft nämlich auch der Beititel “Keine Komödie” nichts mehr. An der Weggabelung zwischen verstörter Betroffenheit und Schenkelklopfen entschied sich das Publikum für Letzteres. Das mag vor allem McFerrins “Schuld” gewesen sein. Er bemühte sich, Voss’ virtuose Litanei stimmlich zu doppeln: Durch Imitation, kontrollierte Geräuschentwicklung wie Glucksen, Brummen und Quietschen sowie dem schlichten Verzehr einer Banane. Teils grotesk, leider nur selten verstörend und allzu oft komisch. Das österreichische Gebot “du sollst deinen Thomas Bernhard ernst nehmen” wurde gebrochen.

Der Rest: Ein gutes Konzert wie bereits am Abend zuvor. McFerrin hat es allerdings vermieden, nochmals die selben Nummern auszugraben. So durfte man Zeuge von der Interpretation Chick Coreas “Spain” werden, sowie eines weiteren farbenreichen Abends mit folkloristisch angehauchtem Jazz, Funk, viel Publikum auf der Bühne und der konsequenten Weigerung, selbst nach beim Wunschkonzert “Don’t Worry, be happy” zu singen.

Die Heldentat des Abends: McFerrins erfolgreicher Versuch, Teile des Publikums am Mitklatschen zu hindern. Nachdem zuerst süffisante Gesten nichts nutzten, bog der Profi in rhythmische Gefilde ab, in die ihm einfach niemand mehr folgen konnte. Eine kleine Kulturrevolution im Alpenland.

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