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Japans Kaiser Akihito wird 70

Der Wunsch Ihrer Majestät ging in Erfüllung. Mit einer Reise in die südjapanische Provinz Kagoshima hatte Kaiser Akihito nach 15 Jahren kürzlich sein Ziel erreicht: Einmal alle 47 Provinzen seines Landes zu besuchen. Die Reiseaktivitäten des Tenno – 120.000 Kilometer soll er allein in Japan inzwischen zurückgelegt haben – entsprechen seinem Wunsch nach mehr Nähe zum Volk. Ansonsten leben der Tenno und seine Familie weitgehend abgeschirmt von den Beamten des Kaiserlichen Haushofamtes hinter den Mauern seines schlichten Palastes im Herzen Tokios. Nur zwei Gelegenheiten im Jahr bieten sich den Untertanen, dem Palast näher zu kommen: Zum Neujahr und am 23. Dezember zum 70. Geburtstag des Kaisers. An diesen Tagen zeigt sich die Tenno-Familie dem Volk auf einem Palastbalkon.

Kaiser Akihito ist der erste Tenno, der sein Amt nicht mehr als Gott antrat. Sein 1989 verstorbener Vater Kaiser Hirohito hatte am 1. Jänner 1946 in seiner so genannten Menschlichkeitserklärung der Göttlichkeit des Kaisers entsagt. Laut der Nachkriegsverfassung muss sich sein ältester Sohn und Thronfolger Akihito auf die Rolle als Symbol der Einheit der Nation beschränken.

Regierungsbefugnisse sind ihm restlos genommen. Zwar sind mehr als 80 Prozent der Japaner für den Erhalt der Monarchie. Doch unter der jungen Generation herrscht Gleichgültig gegenüber dem antiquiert wirkenden Kaiserhaus.

In seinem Palast pflegt Kaiser Akihito die Tradition und betet als Japans ranghöchster Shinto-Priester für Frieden und gute Ernten. Akihito wird einmal gemäß der Devise seiner Regentschaft posthum Heisei („Frieden schaffender“)-Tenno heißen. Zu den zahlreichen offiziellen Pflichten der kaiserlichen Familie gehört es, Hunderte von Zeremonien, Audienzen und Bankette für Staatsgäste abzuhalten sowie Kindergärten und Altenheime zu besuchen. In seiner Freizeit beschäftigt sich Kaiser Akihito mit der Erforschung von Fischen.

Ungeachtet des von uralten Zeremonien geprägten Lebens am kaiserlichen Hofe ist Tenno Akihito jedoch der erste Repräsentant eines etwas moderneren, dem Volke näheren Hofes. So ist er der erste Tenno in Japan, der ein reguläres Hochschulstudium absolviert hat. Als Kronprinz heiratete er 1959 eine Bürgerliche. Kaiserin Michiko, geborene Shoda, ist die Tochter eines Industriellen und studierte an einer katholischen Universität. Das Paar hatte sich beim Tennisspielen kennengelernt. Mit der Einheirat von Michiko wurde die dem Volk entrückte Monarchie ein wenig greifbarer, menschlicher.

Beide spielen westliche Instrumente, der Kaiser Cello, die Kaiserin Harfe und Klavier. Gegen die Bestrebungen des Haushofamtes zogen sie ihre beiden Söhne und ihre Tochter selbst auf. Kaiser Akihito war noch als Dreijähriger von seinen Eltern getrennt und der Obhut von Erziehern anvertraut worden. Auf seinen Reisen im Lande pflegt der Kaiser mit offenem Wagenfenster zu fahren und den Menschen zuzuwinken.

Tendenzen zur Modernisierung der ältesten Monarchie der Welt sahen Beobachter auch anläßlich einer Operation des Tenno wegen Prostatakrebs im Jänner. Als erster japanischer Kaiser wurde er außerhalb des Palastes in einem öffentlichen Krankenhaus behandelt. Tausende Japaner trugen sich in Widmungsbücher ein und wünschten ihrem Monarchen schnelle Genesung. Kaiserin Michiko (69) äußerte kürzlich Sorge über die hohe Belastung ihres Mannes durch seine vielen offiziellen Verpflichtungen. Kürzliche Bluttests hatten die Befürchtung aufkommen lassen, dass Kaiser Akihito noch immer Krebs haben könnte.

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