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Japan produziert wieder Atomstrom: Unglück war vermeidbar

Atom-Unglück in Japan war vermeidbar.
Atom-Unglück in Japan war vermeidbar. ©AP
Erstmals seit der Katastrophe in Fukushima vor gut 15 Monaten produziert Japan wieder Atomstrom. Der Reaktor 3 im Atomkraftwerk Oi begann um 7.00 Uhr Ortszeit wieder mit der Erzeugung von Strom, wie der Betreiberkonzern Kansai Electric am Donnerstag bekanntgab.

In einem am selben Tag vorgelegten Bericht kommt eine Untersuchungskommission des japanischen Parlaments zu dem Schluss, dass die Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi vermeidbar gewesen wäre.

Desaster von Menschenhand

Die Katastrophe sei zwar vom Erdbeben und Tsunami am 11. März 2011 ausgelöst worden, heißt es in dem Bericht. Dennoch könne “der folgende Unfall im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi (…) nicht als ein Naturdesaster angesehen werden. Es war ein schwerwiegendes Desaster von Menschenhand”.

Dreifache Kernschmelze in Fukushima

In dem AKW war es zu einer dreifachen Kernschmelze gekommen, über 100.000 Menschen können bis heute nicht in ihre Heimat zurück. Bis zum GAU in Fukushima deckten Atomkraftwerke in Japan rund 30 Prozent des Strombedarfs. Zuletzt waren alle 50 Meiler abgeschaltet.

Gegen die Entscheidung der Regierung, Atomreaktoren wieder hochzufahren, hatte es Anti-Atom-Demonstrationen gegeben, wie sie Japan bis dahin nicht gekannt hatte. Am Ende aber gaben die Provinzpolitiker ihren wochenlangen Widerstand gegen ein Anfahren der zu Sicherheitschecks abgeschalteten Reaktoren auf. Regierung und Atomlobby hatten mit Nachdruck vor Stromausfällen in der Industrieregion um Osaka mit Folgen für die Wirtschaft gewarnt.

Atomstrom fließt bald wieder

Kurz vor dem Wiederanfahren des Reaktors 3 im AKW Oi gingen mehr als 150.000 Menschen in der Hauptstadt Tokio auf die Straße. Der Reaktor werde voraussichtlich ab kommenden Montag wieder mit voller Kapazität Strom erzeugen, hieß es. Das Wiederanfahren des Reaktors 3 wird den im Hochsommer bei Kansai Electric erwarteten Strommangel in der Region um die Industriestadt Osaka von 14,9 Prozent auf 9,2 Prozent verringern, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Reaktor 4 in dem AKW wird voraussichtlich am 18. Juli hochgefahren.

Anweisungen vor Ort fehlten

Die Behauptung des Betreiberkonzerns Tepco, der Tsunami und nicht das Erdbeben sei an dem Unfall in Fukushima schuld gewesen, wies die unabhängige Untersuchungskommission zurück. Der Unfall sei “vorhersehbar und vermeidbar” gewesen. Die Katastrophe sei das Ergebnis der Kungeleien zwischen der Regierung, der Atomaufsicht und Tepco. Obwohl allen das Risiko bekanntgewesen sei und man gewusst habe, dass das AKW nicht den Sicherheitsanforderungen entspreche und einem solchen Erdbeben und Tsunami nicht standhalten konnte, sei nichts unternommen worden.

Schwere Vorwürfe erhob die Kommission zudem gegen Tepco: Der Betreiber habe seine Mitarbeiter weder ausreichend auf Unfälle vorbereitet und geschult, noch habe es ausreichend klare Anweisungen an Ort und Stelle zum Zeitpunkt der Katastrophe gegeben.

Die Situation habe sich danach auch deshalb weiter verschlimmert, weil das Krisensystem der Zentralregierung in Tokio und den betroffenen Behörden versagt habe, heißt es in dem Bericht weiter. Die jeweiligen Verantwortlichkeiten und Aufgaben seien unklar gewesen. Zudem hätten es die Aufsichtsbehörden jahrelang versäumt, geeignete Maßnahmen für solche Krisenfälle einzuführen, was zu dem Chaos bei der anschließenden Evakuierung der betroffenen Menschen beigetragen habe.

Unkoordinierte Evakuierungen

So seien viele Bewohner erst spät über den Unfall informiert worden, andere seien in Gebiete evakuiert worden, die stärker verstrahlt waren als ihre Heimatorte. “Die Zentralregierung war nicht nur langsam bei der Informierung der örtlichen Regierungen über den Unfall, sondern versäumte es auch, die Schwere des Unfalls zu vermitteln”, urteilte die Untersuchungskommission.

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