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Japan-Katastrophe: Teilweise Kernschmelze in Fukushima-Block 2

Im Reaktor 2 des nach der Beben- und Tsunami-Katastrophe havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima eins hat nach Einschätzung der Regierung vorübergehend eine Kernschmelze eingesetzt. Das sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Montag.
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Die Lage am havarierten Atomkraftwerk Fukushima im Nordosten Japans bleibt extrem gefährlich. Die Regierung in Tokio räumte am Montag ein, dass im Reaktor 2 in den vergangenen zwei Wochen vermutlich eine Kernschmelze eingesetzt hatte. Man glaube aber, dass der Prozess gestoppt sei, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Die Regierung appellierte an die Anrainer, nicht in ihre Häuser im 20-Kilometer-Evakuierungsradius um das AKW zurückzukehren. Doch vor allem ältere Menschen ignorieren die Warnungen. Die Zahl der verstrahlten Arbeiter an der Atomruine erhöhte sich um zwei auf 19.

Kernschmelze im Reaktor

Was genau im Inneren der Problem-Meiler abläuft, ist immer noch unklar. Die Regierung schloss allerdings aus der extrem erhöhten Radioaktivität, dass es im Krisen-Reaktor 2 von Fukushima Eins zum Beginn einer Kernschmelze kam. Nach Angaben des Stromkonzerns Tepco wurde an dem Reaktor am Sonntagnachmittag eine Strahlendosis von 1.000 Millisievert pro Stunde in einem Wassergraben gemessen, der zum benachbarten Turbinengebäude führt.

Auch jetzt gab es von der Regierung keine genauen Informationen zum Zeitpunkt der vermuteten Kernschmelze. Sowohl Fachleute wie auch Tepco hatten in den ersten Tagen nach dem verheerenden Erdbeben und anschließenden Tsunami schon einmal von einer möglichen “partiellen Kernschmelze” gesprochen. Tepco hatte das aber wieder zurückgenommen. Fukushima Eins hat sechs Reaktoren. Mehrere davon sind nach Explosionen stark beschädigt.

Tepco mit Strahlen-Messung

Regierungssprecher Edano kritisierte am Montag den Umgang des Betreibers Tepco mit den Strahlungs-Messwerten am AKW scharf. Das Unternehmen hatte am Wochenende widersprüchlich Angaben zur Höhe der Strahlung gemacht. Das sorgte international für Aufregung. Die japanische Atomaufsichtsbehörde wies den AKW-Betreiber jetzt an, solche Irrtümer in Zukunft zu vermeiden.

Auch die Lage in der Gefahrenzone um das AKW bietet zunehmend Anlass zur Sorge: “Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Umkreis von 20 Kilometern um das Kraftwerk kontaminiert ist, und es gibt derzeit ein großes risiko”, sagte Regierungssprecher Edano der Agentur Kyodo zufolge. Anrainer sollen die Evakuierungszone auf keinen Fall betreten, bevor die Regierung grünes Licht gebe. Doch viele der Flüchtlinge kehren trotz der Warnungen zurück, berichtete der staatliche Fernsehsender NHK. Die Menschen seien erschöpft vom Leben in den Notlagern. Sie wollten wieder nach Hause, erklärte die Provinzregierung von Fukushima.

Reaktor mit Wasser gekühlt

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte zuvor eine Ausweitung der Evakuierungszone gefordert. Unterdessen setzten die Arbeiter und Techniker in der Atomruine ihre Bemühungen fort, das hoch radioaktive Wasser aus den Gebäuden zu pumpen, sowie Strom- und Wasserversorgung für die Kühlung der havarierten Reaktoren wiederherzustellen. Nach Angaben der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) wird der kritische Block 2 seit dem Wochenende wieder mit Frischwasser gekühlt, nicht mehr mit Meerwasser.

Bisher wurden 19 Arbeiter bei der Rettungsaktion stärker verstrahlt – sie waren einer Radioaktivität von mehr als 100 Millisievert ausgesetzt. Drei Arbeiter, die am Donnerstag einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt waren, wurden nach Angaben von Kyodo am Montag aus dem Krankenhaus entlassen.

Unterdessen erschütterten weitere Beben die Katastrophenregion. Am Montag bebte die Erde nach japanischen Angaben mit einer Stärke von 6,5. Die US-Erdbebenwarte stufte die Stärke des Erdstoßes dagegen auf 5,1 zurück. Kurz danach gab es ein weiteres Nachbeben.

 

Plutonium entdeckt

 Bei Messungen von Bodenproben am beschädigten Kernkraftwerk Fukushima sind Spuren von Plutonium entdeckt worden. Dies meldete die Nachrichtenagentur Kyodo am Montag. Der Kraftwerksbetreiber Tepco hatte zuvor Bodenproben vom Gelände der havarierten Anlage von unabhängigen Spezialisten auf das hochgiftige Schwermetall Plutonium untersuchen lassen.

In Fukushima gilt Block 3 als besonders gefährlich, weil es sich bei dessen Brennelementen um Plutonium-Uran-Mischoxide (MOX) handelt. Das radioaktive Plutonium hat eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren. Gerät der Stoff in den Körper, kann Krebs entstehen.

Japan mit verheerendem Erdbeben

Die Region war am 11. März von einem verheerenden Erdbeben der Stärke 9 sowie einem Jahrhundert-Tsunami schwer zerstört worden. Mehr als 11.000 Menschen verloren im Nordosten des Landes ihr Leben, über 17.000 gelten als vermisst. Noch immer hausen 190.000 Menschen in Notunterkünften, wie NHK meldete.

Die Europäische Union schickt Trinkwasser und Radioaktivitäts-Messgeräte nach Japan. Wie die für Katastrophenhilfe zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgieva nach einem Besuch in der Krisenregion am Montag in Brüssel sagte, sollen in einer gemeinsamen Aktion mit Großbritannien noch am Montagabend 100 Tonnen Wasser nach Japan gebracht werden. Die EU hat bisher 220 Tonnen Hilfsgüter zur Verfügung gestellt, darunter Matratzen, Schlafsäcke, Decken, Lebensmittel und Wasser. (APA)

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