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Japan: Abe will Koizumi nachfolgen

Kabinettsminister und Regierungssprecher Shinzo Abe (51) hat erwartungsgemäß seine Kandidatur für die Nachfolge von Ministerpräsident Junichiro Koizumi angekündigt.

Es sei an der Zeit, dass die Nachkriegsgeneration „die Verantwortung übernimmt“, sagte Abe am Samstag vor Anhängern in seinem Wahlkreis Shimonoseki. Mit seiner Entscheidung, bei der Wahl des Chefs der Regierungspartei anzutreten und damit automatisch auch die Ministerpräsidentschaft anzustreben, beendete der konservative Politiker wochenlange Spekulationen.

Neben Abe haben auch Finanzminister Sadakazu Tanigaki und Außenminister Taro Aso ihre Bewerbung um das höchste Partei- und Regierungsamt angemeldet. Der neue Parteichef soll am 20. September gewählt werden. In einer außerordentlichen Sitzung des Parlaments soll dieser dann am 29. September zum Regierungschef gekürt werden. Koizumi hatte erklärt, nach Ablauf seiner Amtszeit als Parteipräsident nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Shinzo Abe, der als Regierungssprecher von seiner ständigen Medienpräsenz profitieren konnte, gilt als außenpolitischer „Falke“, der in einem programmatischen Buch mit dem Titel „In einem schönen Land“ kürzlich die Abkehr seines Landes von einer pazifistischen Außenpolitik in Aussicht gestellt hatte. Er tritt angesichts der zuletzt durch nordkoreanische Raketentests ausgelösten Krise für eine Änderung der strikt pazifistisch ausgerichteten japanischen Nachkriegsverfassung ein, um auf eine kriegerische Bedrohung rasch reagieren zu können.

Abe hatte zuletzt wieder mit einer Wallfahrt zum Yasukuni-Schrein Aufsehen erregt. Das Shinto-Heiligtum ist zweieinhalb Millionen japanischen Kriegstoten gewidmet, unter ihnen rund tausend Kriegsverbrecher wie der Hauptprotagonist des japanischen Militarismus und Expansionismus, General Hideki Tojo, Premier während des Zweiten Weltkriegs, der wegen der Aggressionskriege gegen China und andere asiatische Länder von einem internationalen Militärtribunal zum Tode verurteilt wurde.

Durch Besuche beim Yasukuni-Schrein während des Wahlkampfs 2001 konnte sich der derzeitige Premier Koizumi die Stimmen von vielen Kriegsveteranen sichern. Ende vergangenen Jahres wurde Japan nach einer schweren diplomatischen Kontroverse vom chinesischen Außenminister Li Zhaoxing aufgefordert, sich bei der Aufarbeitung seiner Vergangenheit ein Beispiel an Deutschland zu nehmen. Der Yasukuni-Schrein gilt als Symbol der Glorifizierung der militaristischen Vergangenheit Japans und würde heute einer deutschen Kriegergedenkstätte entsprechen, in der auch Hitler und Himmler verehrt würden.

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