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Jahrestag der "Samtenen Revolution" in Tschechien

Lichtermeer in der Prager Innenstadt
Lichtermeer in der Prager Innenstadt
Mit einer Reihe von Gedenkveranstaltungen haben die Tschechen am Montag den 25. Jahrestag des Beginns der "Samtenen Revolution" von 1989 geehrt. Damals wurde das Ende des kommunistischen Regimes in der damaligen Tschechoslowakei eingeläutet. Die Feierlichkeiten wurden von Protesten gegen den umstrittenen Staatschef Milos Zeman überschattet.


Menschenmengen versammelten sich in Prag auf der Straße “Narodni trida”, um sich an die brutale Niederschlagung einer friedlichen Studentendemonstration vom 17. November 1989 zu erinnern. Unter jenen, die dort Blumen niederlegten und Kerzen anzündeten, befanden sich auch mehrere Spitzenpolitiker.

So würdigte der Premier Bohuslav Sobotka etwa den 17. November 1989 als einen “wichtigen und positiven Augenblick, der den Tschechen die Freiheit gebracht hat”. In Anspielung auf die Korruption, mit der Tschechien seit Jahren kämpft, erklärte der Regierungschef weiter: “Jetzt geht es darum, dass hier ein Staat fungiert, in dem die öffentlichen Mittel nicht gestohlen werden.”

Danach trat Sobotka seine Reise nach Washington an, um dort in dem Kongress-Gebäude eine Büste von Vaclav Havel zu enthüllen. Der einstige Dissident und spätere Staatspräsident Havel ist eine der Symbolfiguren in der “Samtenen Revolution” der Tschechoslowakei.

Auch der ehemalige Staatspräsident Vaclav Klaus und der Chef der liberal-konservativen Partei TOP 09, Karel Schwarzenberg, waren in die “Narodni trida” gekommen. Der frühere Außenminister Schwarzenberg gedachte der Proteste vom 17. November 1989 tschechischen Fernsehberichten zufolge mit Tränen in den Augen – und erntete dafür Beifall von den Anwesenden.

Staatspräsident Milos Zeman war zu dieser Gedenkveranstaltung nicht gekommen. Zahlreiche Gegner Zemans hatten den Staatschef erwartet und gegen ihn protestiert – insbesondere vor dem Hintergrund des erst kürzlich gegebenen Radio-Interviews des Staatschefs, in dem Zeman mehrere vulgäre Ausdrücke verwendete.

Die 1.000 bis 2.000 Demonstranten erteilten Zeman symbolisch die “Rote Karte”. Obwohl der Staatschef zu der Gedenkveranstaltung nicht gekommen war, konnte er den Protesten gegen ihn nicht entkommen: Die Kritiker marschierten in das Stadtviertel Albertov. Dort enthüllte Zeman gemeinsam mit den zu den Feierlichkeiten nach Prag geladenen Amtskollegen aus der Slowakei, Deutschland, Polen und aus Ungarn – Andrej Kiska, Joachim Gauck, Bronislaw Komorowski und Janos Ader – eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Ereignisse von 1989.

Die Demonstranten pfiffen Zeman aus und bewarfen ihn mit Eiern. Die Bodyguards schützten deshalb auch die anderen Staatschefs mit Regenschirmen auf der Bühne. Die Protestierenden skandierten: “Nechceme Zemana” (“Wir wollen Zeman nicht”) und “Milose – do kose” (“Milos – in den Mülleimer mit ihm”).

Zeman trat trotz des Eierhagels auf. “Ich habe damals keine Angst gehabt und habe sie auch heute nicht”, erklärte er unter Pfiffen. Er spielte mit seinen Worten darauf an, dass er an der Studentendemonstration vor 25 Jahren in dem Stadtteil Albertov gegen das kommunistische Regime teilgenommen hat. 1989 wurde der Protest gewaltsam niedergeschlagen. “Wer von ihnen war dort damals in einer Zeit, wo der Mut nicht billig war?”, reagierte Zeman auf die Pfiffe, die ihm am Montag entgegenschlugen.

Bei weiteren Protesten gegen Zeman wurde Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck mit einem Ei an der Schläfe getroffen. Jener sei zwar “erschüttert” gewesen, teilte die tschechische Präsidentschaftskanzlei mit. Trotzdem setze Gauck sein Besuchsprogramm in Tschechien fort.

Der 17. November ist in Tschechien ein Staatsfeiertag. An diesem Tag wird zum einen des Beginns der “Samtenen Revolution” von 1989 gedacht. Zum anderen wurde am 17. November 1939 der Student Jan Opletal bei einer Demonstration gegen die nationalsozialistische Besatzung erschossen. Der Jahrestag des Todes von Opletal war im Jahr 1989 der Anlass für die Studentenversammlung, die als offizielle Veranstaltung des kommunistischen Jugendverbandes (SSM) erlaubt wurde. Die Veranstaltung mündete jedoch in eine Demonstration gegen das kommunistische Regime.

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