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Jacko im Pyjama

Mit seinem verspäteten Gerichtsauftritt in Pyjama-Hosen und ungekämmten Haaren konnte der selbst ernannte "King of Pop" am Donnerstag keine Punkte gewinnen.

Darin waren sich die Prozess-Kommentatoren der amerikanischen Nachrichtensender einig. Jackson glaube wohl, dass er sich alles herausnehmen dürfe, wetterte ein Beobachter. Tatsächlich hatte der wegen Kindesmissbrauchs angeklagte Sänger den Richter in Santa Maria durch sein Fernbleiben am Donnerstagmorgen (Ortszeit) derart verärgert, dass der mit Jacksons Inhaftierung drohte, falls er nicht binnen einer Stunde im Gericht sei.

„Er sieht blass aus, aber eigentlich ist er ja immer blass“, fachsimpelte ein Moderator des Senders „Court-TV“, als der von Rückenschmerzen geplagte Sänger mit schleppendem Schritt und sichtlich erschöpft eine Stunde später vor Gericht erschien. Seit Beginn vor zwei Wochen hat der Prozess am Donnerstag mit dem Auftritt des jugendlichen Hauptzeugen der Anklage einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Während Jackson für dramatische Show-Effekte sorgte, schilderte der 15-jährige Bursche knapp, aber drastisch die angebliche Belästigung.

Nur zehn Minuten wurde der Kronzeuge von Staatsanwalt Tom Sneddon direkt zu der schwerwiegenden Anschuldigung des sexuellen Missbrauchs befragt, rechnete „Court TV“. Überraschend kurz, kommentierten Prozessbeobachter, doch offenbar reichte der Anklage die Munition. Jackson habe ihm erst Alkohol gegeben, dann über Masturbation geredet und ihm angeboten, dass er ihm dabei helfen würde, so die Aussage des Burschen, dem die Sache nach eigenen Angaben „peinlich“ war.

Als „sympathisch“ und „glaubwürdig“ hatten Kommentatoren den Burschen am Mittwoch bei seinem ersten Auftritt im Zeugenstand geschildert. Doch dies könnte sich schon am Montag im Kreuzverhör mit Jackson-Anwalt Thomas Mesereau ändern. Mit einer „Achterbahnfahrt“ wurde der Jackson-Prozess schon verglichen. Nach einer Zeugenaussage, bei der die Anklage zunächst punktet, sorgt der Star-Verteidiger durch scharfe Nachfragen prompt für eine Talfahrt. So brachte Mesereau bereits den jüngeren Bruder des angeblichen Opfers in Verlegenheit. Als einziger Augenzeuge war er sich am Ende nicht mehr sicher, ob es nun zwei oder drei Belästigungen gab, die er heimlich beobachtet haben will.

Auch Justizexperten ist vieles rätselhaft. Es sei unklar, ob die beiden Burschen über die gleichen Vorfälle oder vier verschiedene Szenarien sprechen, sagte die Juraprofessorin Laura Levenson von der Loyola-Universität am Donnerstag. Das ist Wasser auf die Mühlen der Verteidigung, die von erfundenen Anschuldigungen redet und die Glaubwürdigkeit des 15-Jährigen und seiner Familie in Zweifel ziehen will.

Neben den Fakten geht es natürlich auch um Äußeres. 54 Kilo ist Jackson leicht und damit sehr gebrechlich und anfällig, erfuhren die Zuschauer des Senders „Fox News“. Der jugendliche Beschuldiger habe sich dagegen von einem einst schwächlichen Krebspatienten in einen selbstsicheren Teenager verwandelt. Drei Mal habe er am Donnerstag im Gericht laut gegähnt, zählte „Court TV“ mit. Er hätte gerne ein Kissen, scherzte der Bursche mit dem Staatsanwalt. Mit Mesereau als Widersacher dürfte es ihm beim Kreuzverhör in der nächsten Woche bestimmt nicht langweilig werden.

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