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Ja zur Revision der Invalidenversicherung

Bern - Ein klares Ja zur Revision der hochverschuldeten Invalidenversicherung (IV) haben die Schweizer Bürger am Sonntag beschlossen.

Das Prinzip „Eingliederung vor Rente“ steht nun wieder an erster Stelle, der Zugang zur Behindertenpension wird dadurch erschwert.

Linke Kreise und zwei kleinere Behindertenorganisationen haben die Vorlage mit einem Referendum bekämpft, sie befürchteten einen Sozialabbau. Gesundheits- und Innenminister Pascal Couchepin (Freisinnige/FDP) gab sich zufrieden mit dem Abstimmungsresultat. Das meldeten die Schweizer Medien am Sonntagabend.

59 Prozent der Schweizer sagten Ja zur Revision der Invalidenversicherung und Nein zum Referendum. Abgelehnt wurde die Vorlage lediglich in vier Westschweizer Kantonen. Couchepin würdigte das Ergebnis als Zeichen des Vertrauens in die Regierung (Bundesrat).

Das Schweizer Volk wisse, dass die IV langfristig gesichert werden müsse angesichts der enormen Verschuldung der Sozialversicherung. Daneben dürfte auch das Argument, dass der Missbrauch des Sozialwerks eingedämmt werden soll, zahlreiche Ja-Stimmen auf sich gezogen haben. Dies, obwohl nach Medienangaben nur etwa ein Prozent Missbrauchsfälle nachgewiesen worden sind.

Das Referendum der Gegner gegen die 5. IV-Revision bezeichnete Couchepin als „Fehler“. Zugleich sagte er, wenn die IV neben dem Ja zur Revision ohne weitere Zusatzfinanzierung saniert werden sollte, dürften in den nächsten drei Jahren keine neuen Renten zugesprochen werden. Das wäre ungerecht, unsozial, illusorisch und entspreche nicht dem Willen der Stimmbürger.

Wie diese Finanzierung erfolgen soll, ist jedoch noch unklar. Eine Möglichkeit wäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, berichtete die „Tagesschau“ des Schweizer Fernsehens SF. Dagegen ist insbesondere die rechtsbürgerliche Volkspartei (SVP). Sie erklärte schon vor der Abstimmung, dass zuerst der Missbrauch der IV gestoppt werden müsse, bevor zusätzliches Geld zugeschossen werde.

Der Präsident der Sozialdemokratischen Partei (SP) Hans-Jürg Fehr erklärte, „es war richtig von der SP, das Referendum der Behinderten zu unterstützen.“ Bei einem Nein-Stimmenanteil von gut 40 Prozent und bei vier Westschweizer Kantonen, die ablehnten, sei das Abstimmungsergebnis „kein Triumph für die anderen“. Jedenfalls sei die Gegnerschaft keine vernachlässigbare Größe. Die SP hätte das Referendum der Behinderten „aus taktischen Gründen“ zunächst abgelehnt.

Hinsichtlich der kommenden Parlamentswahlen im Herbst sieht der grüne Genfer Nationalrat Ueli Leuenberger keineswegs schwarz. „Bei der IV-Abstimmung standen wir auf Seite der Benachteiligten. Das wird sich bei der Wählerschaft positiv auswirken.“ Die Grünen seien Vorkämpfer für neue Ideen, und das sei gut für das eigene Profil.

Die linken Gegner des Referendums sprachen angesichts ihres „Achtungserfolgs“ von der Verpflichtung der Wirtschaft, nun vermehrt behinderte Menschen anzustellen. Würden die Versprechungen der bürgerlichen Parteien und der Regierung eingelöst, würden alle zu Gewinnern, schreibt das „Zentrum für Selbstbestimmtes Leben“, welches das Referendum lanciert hatte.

Per Jänner 2007 gab es rund 300.000 IV-Bezieher. Das Jahresdefizit der Sozialversicherung belief sich 2006 auf rund 1,6 Milliarden Schweizer Franken (965 Mio. Euro) bei einem Gesamtschuldenberg von über neu Mrd. Franken. Durch die vom Volk gutgeheißene 5. IV-Revision sollen nach Angaben des Informationsportals „Swissinfo“ jährlich rund 500 Millionen Franken eingespart werden.

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