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Italien: Zweiter Ministerwechsel in vier Tagen

Zum zweiten Mal in vier Tagen hat der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi am Dienstag ein Mitglied seines Kabinetts ausgewechselt.

Nach der Ernennung Domenico Sinicalcos zum neuen Wirtschaftsminister an Stelle des am 3. Juli zurückgetretenen Giulio Tremonti am Freitag, wurde heute (Dienstag) der Vizepräsident des Senats und Spizenpolitiker der rechtspopulistischen Lega Nord zum neuen Reformenminister ernannt.

Der Ex-Zahnarzt aus der lombardischen Stadt Bergamo ersetzt Lega-Chef Umberto Bossi, der am Montag als Minister zurückgetreten war und auch seinen Deputiertensitz in der römischen Abgeordnetenkammer aufgegeben hatte.

Bossi hatte sich für den Sitz als EU-Abgeordneter im Straßburger Parlament entschlossen, den er als Spitzenkandidat der Lega Nord bei den EU-Wahlen im Juni erobert hatte. Zur Entscheidung Bossis hatten „persönliche Überlegungen“ und „medizinische Gründe“ geführt, sagte die Lega-Spitze. Der 62-jährige Politiker hatte am 11. März eine schwere Herzattacke erlitten und liegt seitdem im Krankenhaus.

Bossi war drei Wochen lang im Koma gelegen, seit einem Monat unterzieht er sich im Krankenhaus von Lugano einer Rehabilitationstherapie. Wegen Herzproblemen musste Bossi vergangene Woche auf die Intensivstation in Lugano gebracht werden. Nach Calderolis Vereidigung telefonierte Staatschef Carlo Azeglio Ciampi mit dem Lega-Chef. Der Präsident wünschte dem Lega-Vorsitzenden eine baldige Genesung.

Bossis Demission hat keine Regierungskrise zur Folge, da die Lega Nord beschlossen hat, auch nach dem Austritt seines Parteichefs aus dem Kabinett im Koalitionsbündnis bleiben. „Wir bleiben in der Koalition, auch wenn uns die Bündnispartner verraten haben“, so die Lega-Spitze in Anspielung auf den Versuch der christdemokratischen UDC, die föderalistische Reform der Lega Nord zu verwässern. Über das Föderalismus-Paket, gegen das sich die UDC stemmt, wird im September im Parlament abgestimmt.

Mit Calderolis Ernennung zum neuen Reformenminister will Berlusconi ein Zeichen der Kontinuität geben. Der neue Minister gilt als einer der Vertrauensmänner Bossis und ist seit Jahrzehnten ein überzeugter Foederalist. Unter seiner Leitung hofft die Lega Nord, im September ein umstrittenes Föderalismus-Paket umzusetzen, uber das sich die Regierungskoalition gespalten hatte. Die Lega Nord hatte wiederholt mit dem Austritt aus der Regierungskoalition gedroht, wenn die Mehrheit bei der im September geplanten Abstimmung des Foederalismus-Paket nicht durchsetzt.

„Wenn der Föderalismus in Italien nicht umgesetzt wird, hat es für uns keinen Sinn in der Regierung zu bleiben“, sagte Arbeitsminister Roberto Maroni, „Nummer Zwei“ der Lega Nord. Die Lega Nord war bereits im Dezember 1994 aus der Regierungskoalition unter Berlusconis Leitung ausgetreten, was zum Fall des ersten Kabinetts des TV-Zaren geführt hatte.

Die Opposition kritisierte den neuen Ministerwechsel in Italien, den vierten seit Berlusconis Amtsantritt. „Diese Regierung loest sich schrittweise auf. Es ist Zeit, dass in Italien vorgezogene Parlamentswahlen ausgeschrieben werden“, meinte Oppositionschef Francesco Rutelli.

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