Italien: Wirtschaftsminister schlägt Alarm
Nach einer Überprüfung der Bilanzen betonte Padoa Schioppa, das Defizit und die Verschuldung seien in Italien so hoch wie Anfang der 90er Jahre, als Italien einen strengen Sanierungskurs in Hinblick auf den Beitritt in die Währungsunion unternommen hatte.
Italien steht vor einer neuen Herausforderung. Man muss die Stagnationsphase bewältigen und zugleich auf Sanierung und Entwicklung setzen, betonte der Minister. Padoa Schioppa will hart arbeiten, um das Defizit unter die Drei-Prozent-Schwelle des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu drücken. Industrieminister Pierluigi Bersani schloss nicht aus, dass dies mit einem Nachtragshaushalt geschehen könnte.
Für bilanztechnische Kunststücke ist kein Platz mehr, sagte Italiens designierter Regierungschef Romano Prodi, der vor dem Parlament seinen Wirtschaftsplan vorgestellt hat. Hauptziel ist, die Unternehmen sofort zu entlasten und die längste Stagnationsphase der letzten Jahrzehnte zu überwinden. Prodi wird am heutigen Dienstag das Vertrauen der Abgeordnetenkammer erhalten.
Schon in den kommenden Monaten will Prodi die Lohnnebenkosten um fünf Prozentpunkte reduzieren. Dies soll Italiens Industrie helfen, im internationalen Wettbewerb zu punkten. Die geschätzten Kosten von zehn Mrd. Euro sollen unter anderem durch die Wiedereinführung der Erbschaftsteuer für Wohlhabende hereingeholt werden. Die Erbschaftssteuer war von Prodis Vorgänger Silvio Berlusconi abgeschafft worden. Italien habe heute auf Grund fortwährend gewachsener und nicht geheilter Strukturschwächen an Wettbewerbsfähigkeit verloren und könne selbst bei einem globalen wirtschaftlichen Aufschwung nur mehr teilweise mithalten, sagte Prodi.
Eine weitere Einnahmequelle will Prodi durch den Kampf gegen Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung erschließen. Schätzungen gehen davon aus, dass ein Drittel der in Italien erwirtschafteten Einnahmen komplett am Staat vorbeigehen.
Ein weiteres Anliegen Prodis ist, den Konflikt mit den Gewerkschaften zu entschärfen. Prodi will Gewerkschafter und Industrielle an einen Tisch bringen, um die von Berlusconi verabschiedete Reform zur Flexibilisierung des Arbeitsmarkts rückgängig zu machen. Die Reform Biagi unter dem Namen des 1999 von der linksextremistischen Terrorgruppe Roten Brigaden erschossenen Arbeitsrechtsexperten Marco Biagi hat das italienische Modell der Jobsicherheit auf den Kopf gestellt und die Italiener erstmals gezwungen, sich den scharfen Regeln des flexiblen Arbeitsmarkts zu beugen. Prodi möchte die Anreize für kurzzeitige Arbeitsverträge einschränken und mehr Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen.