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Italien-Staatsbesuch: Positive Bilanz

Bundespräsident Thomas Klestil hat zum Abschluss seines dreitägigen Staatsbesuchs in Italien am Donnerstag eine positive Bilanz der Visite gezogen.

„Mit zwei offenen Fragen im Gepäck“ sei er nach Rom gekommen, und bei beiden Themen verliefen die Gespräche aus seiner Sicht zufriedenstellend. In der Transitproblematik gab es entscheidende Fortschritte im Zusammenhang mit dem bestehenden Ökopunktesystem. Auch in der Frage der Begnadigung von Südtirol-Aktivisten sei „alles gut im Laufen“, konstatierte der Bundespräsident. Am Donnerstag flog er mit Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi nach Florenz, wo die beiden Staatschefs am Ende der ersten österreichischen Staatsvisite nach 31 Jahren mit Reden vor dem Europäischen Hochschulinstitut ein europapolitisches Zeichen setzten.

Zu den Bemühungen um die Freilassung von Südtirol-Aktivisten sagte Klestil vor österreichischen Journalisten, er habe dieses Anliegen „deponiert und sehr deutliche Verwendungszusagen bekommen“, um einen Schlussstrich ziehen zu können. Hierbei geht es um etwa ein Dutzend Südtiroler, unter ihnen die so genannten „Pusterer Buam“, die in den 60er-Jahren wegen anti-italienischer Anschläge in Abwesenheit teils zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt worden waren.

Zur Transit-Causa führte Klestil aus, der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi habe sich sehr kooperativ gezeigt und „seine Macherqualitäten eingesetzt“ und damit die darauffolgenden Verkehrsministerverhandlungen positiv vorbereitet. Generell äußerte sich Klestil erfreut, dass “Österreich von allen Seiten besondere Herzlichkeit entgegengebracht wurde“. In beiden Häusern des Parlaments, wo gerade hitzige Irak-Debatten liefen, wurden diese unterbrochen und der Bundespräsident mit herzlichem Applaus willkommen geheißen.

Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F), die am Donnerstag noch einen Termin im Österreichischen Kulturinstitut in Rom wahrnahm, strich ebenfalls „die ausgezeichneten bilateralen Beziehungen“ zwischen den Nachbarstaaten hervor. Mit Vizepremier Gianfranco Fini, dem Chef der rechten Alleanza Nazionale, erörterte sie nach eigenen Worten in einem Zweistunden-Gespräch Europa-Fragen, vor allem die jeweiligen Positionen im Rahmen des Konvents der EU. „Wir stimmen in vielen Punkten überein“, so die Vizekanzlerin. Auch mit Europaminister Rocco Buttiglione erörterte sie Europa-Themen. Erfreut zeigte sich Riess-Passer über den „Durchbruch“ in der Transitfrage, zumal sie zu Beginn dieses Verhandlungsprozesses mit der damaligen Verkehrsministerin Monika Forstinger in Brüssel war.

Verkehrsminister Mathias Reichhold (F) sprach von Ergebnissen, die „deutlich über meinen Erwartungen liegen“. Berlusconi habe sich klar zu den Beschlüssen von Laeken bekannt und im Vorfeld der Ministergespräche „sehr positive Signale“ ausgesendet. Italien sei in einer schwierigen Lage und „in Sorge, vom Alpenbogen abgeschnitten zu werden“ – angesichts des lange Zeit gesperrten Montblanc-Tunnels und der restriktiven Schweizer Regelungen. Für Schwertransporte sei die Transitroute über Österreich für Italien sehr wichtig.

Zum weiteren Procedere in Sachen Transit erläuterte Reichhold, die Vereinbarungen sollen im Dezember beim EU-Verkehrsministerrat beschlossen werden. Im technischen Bereich seien noch einige Punkte, wie das Zählsystem der Ökopunkte, von Experten auszuverhandeln. Auch mit Deutschland und Griechenland werde es Gespräche geben. Österreich verpflichte sich im Gegenzug zu Investitionen in Österreich, was bedeute: „Der Brennerbasistunnel ist jetzt fix“ und solle rasch in Angriff genommen werden. Am 2. Oktober werde ein Memorandum unterzeichnet, der Baubeginn müsse aber erst festgelegt werden. Die Finanzierung solle zu je 40 Prozent durch Italien und Österreich erfolgen, die Restsumme von 20 Prozent werde von der EU-Kommission erwartet.

Zum Abschluss des Besuchs setzten die beiden Staatschefs einen europapolitischen Akzent. Der Bundespräsident sprach in Fiesole bei Florenz über „Europas Rolle in der Welt von morgen“. Dabei ging er auf die Rolle des Europäischen Konvents ein, der die Basis für die Reform der Europäischen Union liefern müsse, um sie zu einem effizienten „global player“ zu machen. Europa müsse sich zusammenschließen, die innere Vertiefung realisieren und ein gemeinsames Verteidigungssystem errichten, betonte Klestil.

Als „besondere Geste“ gegenüber Österreich bewertete der Sprecher Ciampis das Faktum, dass der italienische Staatschef Klestil nach Florenz begleitete. Solche Begleitungen von Staatsbesuchern bei ihrem Programm außerhalb von Rom seien nicht üblich. Eine Ausnahme gab es auch beim Staatsbesuch des deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau, wo beide Staatschefs im vergangenen April in Marzabotto gemeinsam der Opfer des Nationalsozialismus gedacht hatten.

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