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Italien schafft Wehrdienstpflicht ab

Eine Revolution bahnt sich im italienischen Verteidigungssystem an. Rom schafft ab 2005 die Wehrdienst ab und stellt auf eine Berufsarmee um.


Die letzten Wehrpflichtigen werden Ende des kommenden Jahres einrücken. Danach will Italien ein Heer aus zirka 190.000 Berufssoldaten aufbauen. Das entspricht den Richtlinien einer Reform, die vergangene Woche vom Parlament unter Dach und Fach gebracht wurde.

Der Aufbau einer Berufsarmee ist ein Eckpfeiler im Programm der Mitte-Rechts-Regierung von Silvio Berlusconi, die das Verteidigungssystem rationalisieren will. Ende der 90er Jahre waren bis zu 300.000 junge Männer jährlich zum Militärdienst gerufen worden. Nach der Einführung der freien Wahl zwischen Wehrdienstpflicht und Zivildienst sank diese Zahl 2002 zwar auf 250.000, sie sei jedoch immer noch zu groß für ein effizientes Heer, in dem es auf eine hoch qualifizierte Ausbildung der Soldaten ankommt, betonen die Befürworter der Reform. Die Wehrdienstpflicht von nur zehn Monaten sei außerdem eine zu kurze Zeit, um Männer für gefährliche Einsätze auszubilden.

Verteidigungsminister Antonio Martino betonte, die Reform entspreche einer verbreiteten Erwartung der italienischen Gesellschaft und der Jugendlichen, die immer geringeres Interesse für den Wehrdienst zeigen. Die Reform ebne außerdem jenen Männern den Weg, die eine Karriere als Berufssoldaten anstrebten. Wegen seiner internationalen Verpflichtungen und seiner Beteiligung an Friedensmissionen im Ausland brauche das Land dringend qualifizierte Soldaten.

In Hinblick auf die Umstellung auf ein Berufsheer hat Rom in den letzten Jahren verstärkt den Einsatz von Freiwilligen gefördert, deren Zahl dieses Jahr auf 67.000 geklettert ist. 9.000 davon werden in Auslandsmissionen am Balkan und in Afghanistan eingesetzt. Diese Zahl soll schrittweise aufgestockt werden. Bis Anfang 2007 will man eine Truppenstärke von insgesamt 96.000 Berufssoldaten erreichen. In einer ersten Phase sollen die Freiwilligen mindestens Vierjahresverträge unterzeichnen. Danach wird ihnen die Möglichkeit offen stehen, der Polizei oder anderen Sektoren der öffentlichen Verwaltung beizutreten.

Die Gegner der Reform befürchten die hohen Kosten, die mit der Einführung eines Berufsheeres verbunden sind. Für das Jahr 2005 sind fast 400 Millionen Euro an Mehrkosten veranschlagt, die bereits mit dem Haushaltsplan 2003 verabschiedet wurden. Mit einem Heer aus 190.000 Soldaten würden die Ausgaben eskalieren, betonten Vertreter der oppositionellen Mitte-Links-Allianz.

Der Verteidigungsminister reagierte auf die Kritik gelassen. Die Abschaffung der Wehrdienstpflicht und die Einführung eines Berufsheeres sei ein europäischer Trend, dem sich Italien nicht widersetzen könne, argumentierte Martino. Rom müsse sich auch in Hinblick auf den Aufbau eines europäischen Verteidigungssystems vorbereiten und die Weichen für eine effiziente und moderne Berufsarmee stellen.

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