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Italien: Prozess gegen Tanzi beginnt

Fast zwei Jahre nach der spektakulären Pleite des italienischen Nahrungsmittelkonzerns Parmalat beginnt am Mittwoch in Mailand der Prozess gegen Firmengründer Calisto Tanzi.

Er soll der Drahtzieher des Finanzskandals sein.

Die Anklage wirft ihm unter anderem betrügerischer Konkurs und Bilanzfälschung vor. Tanzi hatte wegen der Firmenpleite drei Monate in Untersuchungshaft und zwei Monate unter Hausarrest verbracht.

Auch 15 führende Manager des italienischen Zweigs der Bank of America und des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte & Touche sowie eine Nichte Tanzis kommen vor Gericht.

Tanzi sowie seine Ex-Finanzdirektoren Fausto Tonna und Luciano Del Soldato drängen auf ein Schnellverfahren, bei dem sie ein Recht auf Strafbegünstigungen hätten.

Weil sie mit der Justiz zusammengearbeitet haben, hoffen sie auf ein milderes Urteil. Ihnen drohen gemäss Experten bis zu 15 Jahren Haft. Rund 135©000 geprellte Parmalat-Investoren haben Schäden in Millionenhöhe erlitten. Schuldenberg kaschiert

Die Angeklagten sollen Parmalat-Töchter mit fiktiven Mitteln aufgebaut haben, die anscheinend die rasch wachsende Schuldenlast des grössten italienischen Nahrungsmittelkonzerns ausglichen.

Die Tochter Bonlat mit Sitz auf den Cayman-Inseln etwa wies Ende 2002 ein Guthaben von 3,95 Mrd. Euro bei der Bank of America aus. Als im Dezember 2003 aufflog, dass das Konto gar nicht existierte, stürzte der Kurs der Parmalat-Aktie um 66©Prozent. Der Konzern brach unter einem Schuldenberg von 14 Mrd. Euro zusammen. Suche nach Tanzis Schatz

Der Untersuchungsrichter will im Verfahren klären, wo 1,3©Mrd.©Euro aus Tanzis Privatkassen sind. Seit Monaten jagen die Ermittler nach dem „Schatz des Milchkönigs“, der sich auf geheimen Konten in Lateinamerika befinden könnte.

Inzwischen arbeitet Insolvenzverwalter Enrico Bondi an einem Neubeginn des Unternehmens. Er erhielt die Zustimmung für den Plan, wonach die Schuldverschreibungen der Gläubiger in Aktien der neuen Parmalat-Gesellschaft umgewandelt werden können

Die Absegnung des komplexen Plans war die letzte Hürde vor dem Börsengang. Dies könnte noch vor Jahresende erfolgen. Seit Monaten liegt die Liste der Gläubiger vor, die mit Forderungen von 20 Mrd. Euro den neuen Aktionärskreis bilden werden.

Gemäss dem Plan sollen 12 Mrd. Euro der 14 Mrd. Euro Schulden in Aktien getauscht werden. 58 Prozent des Kapitals der neuen Parmalat sollen von den Bond-Besitzern gehalten werden.

Die italienischen Gläubigerbanken, so die UniCredit, werden rund 17 Prozent des Kapitals, die ausländischen Gläubigerbanken rund 12©Prozent kontrollieren. Mit dem Börsengang will Parmalat eine Kapitalerhöhung von 2 Mrd. Euro vornehmen. UBS und Deutsche Bank verklagt

Zuletzt hat Bondi von der UBS und der Deutschen Bank 2,2©Mrd.©Euro Schadenersatz verlangt. Er macht sie für die Parmalat- Pleite mitverantwortlich.

Die Banken tätigten teilweise bis kurz vor dem Kollaps noch milliardenschwere Anleihe-Transaktionen. Sie hätten die Unregelmässigkeiten früher bemerken müssen, argumentiert Bondi.

Beide Banken wiesen die Forderung zurück und kündigten an, sich mit juristischen Mitteln zur Wehr zu setzen. Die Klage entbehre jeglicher Grundlage.

Von den US-Banken Citigroup und Bank of America sowie zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften fordert Bondi 8,2 Mrd. Euro. Zudem reichte Parmalat gegen die italienische Unicredit und JP Morgan eine Klage über 4,4 Mrd. Euro ein.

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