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Italien: Protest gegen Steuerreformpläne

Italien wird am morgigen Dienstag wegen eines Generalstreiks gegen die Regierung von Silvio Berlusconi lahm liegen. Durch den Generalstreik wird ein Verkehrschaos befürchtet.

Der Arbeitskampf, zu dem die Gewerkschaften aufgerufen haben, richtet sich gegen das Haushaltsgesetz 2005 mit Sparmaßnahmen im Wert von 24 Milliarden Euro und gegen das vom Ministerrat am Freitag verabschiedete Paket mit einer umstrittenen Steuerreform. Vier Stunden lang werden die Italiener die Arbeit niederlegen. In der Öffentlichen Verwaltung wird es zu einem acht Stunden langen Streik kommen.

Wegen des Streiks ist in Italien am Dienstag ein Verkehrschaos zu erwarten. Die italienische Fluggesellschaft Alitalia wird Eigenangaben zufolge 136 Flüge streichen, davon 70 internationale Verbindungen. Bei weiteren 101 Verbindungen wird es zu Verspätungen kommen. Die Bahnverbindungen sollen von 9.00 bis 13.00 Uhr beeinträchtigt sein. Ebenso ist im Schiffsverkehr bei Abfahrten mit vierstündiger Verspätung zu rechnen. Dem Streik sollen sich laut Gewerkschaften auch Mitarbeiter von Universitäten, Forschungsinstituten, Postämtern, Apotheken und Banken anschließen. Auch Journalisten streiken.

24 Milliarden Euro muss die Regierung im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2005 auftreiben, um das Defizit unter die Drei-Prozent-Schwelle zu drücken und die Maastrichter Konvergenz-Kriterien zu erfüllen. Dem Volumen nach handelt es sich um den größten Sparhaushalt Italiens seit 1998, als sich das Land mit Maßnahmen im Wert von 32 Milliarden Euro den Zutritt zur Währungsunion sicherte. Besonders umstritten ist eine Begrenzung des Ausgabenwachstums auf zwei Prozent, um die Neuverschuldung von den befürchteten 4,4 Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) auf 2,7 Prozent zu drücken.

Die Einschnitte betreffen zwar nicht die Pensions- und Gesundheitsausgaben, belasten jedoch unter anderem das Schulwesen und die Öffentliche Verwaltung. Gegen die Kürzungen im Bildungsbereich hatten die Lehrer vor einer Woche gestreikt. Auch die Ausgaben für die Wirtschaftsförderung im unterentwickelten Süditalien sowie die Zahlungen für die Infrastruktur-Investitionen sind der Zweiprozentregel unterworfen.

Zugleich sollen die Haushaltskorrekturen auch einen Spielraum von 6,5 Milliarden Euro für Steuersenkungen ermöglichen. Im Einzelnen werden Privatpersonen jährlich um sechs Milliarden Euro und Unternehmen um eine halbe Milliarde entlastet. Der Spitzensatz in der Einkommenssteuer (IRE) wird von 45 Prozent auf 43 Prozent reduziert. Er greift wie bisher ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro. Der Eingangssteuersatz der bisher fünfstufigen und künftig vierstufigen IRE bleibt bei 23 Prozent.

Laut den Gewerkschaften profitieren in erster Linie Bezieher höherer Einkommen von der Reform. In den Schulen sollen beim Lehrpersonal rund 14.000 Stellen gestrichen werden. Den Universitäten werden rund 600 Millionen Euro weniger zugedacht. Firmen, die in strukturschwache und industriearme Gegenden investieren, sollen künftig nicht mehr mit Subventionen unterstützt werden. Mit einem Einstellungsstopp in der Öffentlichen Verwaltung will Berlusconi bis Ende 2006 75.000 Beamtenposten streichen.

Die italienische Opposition rief die Italiener zu einer Massenmobilisierung am Dienstag gegen die umstrittene Steuerreform auf. Demonstrationen sind in 70 italienischen Staedten vorgesehen. Die Linksparteien warnten vor „katastrophalen Folgen“ der Reform. „Die Steuerreform ist pure Wahlpropaganda. Berlusconi will bei den Italienern den Eindruck erwecken, dass der Steuerdruck nachlässt, dabei zwingt er sie auf indirekte Weise zur Zahlung von 7,8 Mrd. Euro“, meinte der Wirtschaftsexperte der oppositionellen Sammelbewegung „Margherita“, Enrico Letta. Vor allem die Ausgabeneinschnitte im Sozialbereich, die Berlusconi zur Gegenfinanzierung der Steuerreform beschlossen hat, würden die Italiener teuer zu stehen kommen, meinte er.

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