Der neue italienische Ministerpräsident Romano Prodi feiert: Wir haben es geschafft, es war ein großer Erfolg. Auch die Beteiligung war höher als erwartet, kommentierte der Ministerpräsident den Erfolg des Nein bei der Volksabstimmung am Sonntag und am Montag.
Die Italiener haben die Verfassungsreform mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Beim Referendum, zu dem rund 47 Millionen Italiener aufgerufen waren, hatten 61,6 Prozent der Wähler gegen die Reform gestimmt. 38,4 Prozent der Wahlbeteiligten stimmten mit Ja. Mehrheitlich mit Ja hatten lediglich die Wahlberechtigten in den norditalienischen Regionen Lombardei und Veneto gestimmt, Hochburgen der rechtspopulistischen Lega Nord.
Nach dem Erfolg des Nein bei der Volksabstimmung ist der italienische Oppositionschef Silvio Berlusconi unter starken Druck geraten. Für Berlusconi handelt es sich um die dritte Niederlage innerhalb von zweieinhalb Monaten. Bei den Parlamentswahlen im April war Berlusconi, der Italien fünf Jahre lang regiert hatte, abgewählt worden. Bei den Teilkommunalwahlen im Mai hatte die Mitte-Links-Allianz um Prodi ihren Sieg bei den Parlamentswahlen ebenfalls bestätigt. Die Regierungskoalition hatte sich in fast allen Großstädten behaupten können.
Italien hat eine historische Gelegenheit verfehlt, das Land zu modernisieren, kommentierte Berlusconi, der auch in seinen eigenen Reihen unter Druck geraten ist, folgerichtig den Ausgang des Referendums. Der Chef der rechten Alleanza Nazionale (AN), Gianfranco Fini, forderte die Mitte-Rechts-Allianz zu einer ernsthaften Analyse der Niederlageserie der letzten Wochen. Indiskretionen zufolge hegt der ehrgeizige Fini Ambitionen, selbst das Ruder der Oppositionsallianz zu übernehmen.
Auch die mit Berlusconi verbündete Lega Nord macht dem Medienzaren zu schaffen. Die rechtspopulistische Oppositionspartei könnte sich von der Mitte-Rechts-Allianz trennen und der Mitte-Links-Allianz Prodis beitreten, um die Föderalisierung des Landes voranzutreiben, signalisierte am Dienstag die Nummer Zwei der Lega Nord, Roberto Maroni. Politische Allianzen sind für uns eine taktische Angelegenheit. Wir verbünden uns mit Kräften, die uns helfen können, Italien zu föderalisieren, sagte Maroni. Er gab jedoch zu, dass er bisher keine Dialogangebote von Seiten der Mitte-Links-Allianz erhalten habe.
Eckpfeiler der Reform war die Devolution, die die Kompetenzen der 15 Regionen ohne Sonderstatut wesentlich gestärkt hätte. Die Regionen hätten demnach die ausschließliche Zuständigkeit in den Bereichen lokale öffentliche Sicherheit, Gesundheits- und Schulwesen erhalten. Zur Finanzierung dieser Bereiche hätten sie die auf regionaler Ebene eingenommenen Steuern selbst verwalten können. Das bisher strikt zentralistische Steuersystem wäre somit zu Gunsten der Regionen geschwächt worden. Rom hätte wegen seiner Rolle als Hauptstadt eine Sonderautonomie erhalten und über mehr Geld verfügen können. Die Reform wäre der erste Schritt in Richtung einer Föderalisierung Italiens gewesen, dem politischen Ziel der Lega Nord von Umberto Bossi.
Nachdem die Italiener Berlusconis Verfassungsreform abgelehnt haben, hofft Prodis Koalition auf eine neue Phase der Reformen. Jetzt kann eine neue Zeit der Reformen beginnen. Die Verfassung muss mit der Zustimmung aller politischen Kräfte reformiert werden, sagte der Präsident der Abgeordnetenkammer, Fausto Bertinotti. Der Chef der Linksdemokraten (DS, stärkste Einzelpartei im italienischen Parlament), Piero Fassino, versicherte, dass sich die Regierungskoalition für die Föderalisierung des Landes einsetzen werde. Wir werden in Italien den echten Föderalismus einführen. Berlusconis Reform hätte Italien nur gespalten, so Fassino.