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Italien: Letzte Appelle an die Wähler

Genau zwei Monate nach der Auflösung des Parlaments haben die italienischen Parteien den Wahlkampf für die Parlamentswahlen am Sonntag und Montag offiziell abgeschlossen.

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi und sein Herausforderer Romano Prodi richteten am Freitag in einem Wahlkampf, der von zahlreichen Tiefpunkten gekennzeichnet war, ihre letzten Appelle an die Italiener.

In einem Radiointerview appellierte Berlusconi an die Wähler, für sein Mitte-Rechts-Lager Casa delle Liberta’ (Haus der Freiheiten) und damit gegen die „Partei der Steuer“ zu wählen. „Ein Wahlsieg der Linken bedeutet für Italien mehr Staat, mehr Bürokratie und natürlich mehr Steuern“, sagte Berlusconi in seinem vierminütigen Appell.

Berlusconi bestätigte seine Absicht, die Steuer auf das Eigenheim (ICI) abzuschaffen. “87 Prozent der Italiener leben in einer Eigenwohnung, ich glaube, dass sie am Schluss ihre Interessen verteidigen und für uns stimmen werden“, sagte Berlusconi. Für Aufsehen sorgte er mit der Ankündigung, dass er auch die Müllabfuhr-Abgabe abschaffen wolle, die jede italienische Familie jährlich zahlen muss. Der Premierminister rief die Italiener auf, möglichst zahlreich zu den Urnen zu gehen. „Ich hoffe, dass über 80 Prozent der Italiener wählen werden. Die Linke würde von einer niedrigen Wahlbeteiligung profitieren“, sagte der Regierungschef.

Berlusconi gab zu, die lange Wahlkampagne habe ihn ermüdet. „Endlich wählt man, ich bin am Ende meiner Kräfte. Ich bin heiser und kann nur mit Kortisonspritzen weitermachen. Ich stehe in der Früh um 6.15 Uhr auf und gehe um 2:30 in der Nacht schlafen. Ich bin froh, dass am Sonntag gewählt wird. Es war eine unschöne Wahlkampagne“, so der Premierminister.

Auch Oppositionschef Prodi, er führt das Bündnis „Unione“ an, appellierte an die Wähler, für seine Mitte-Links-Allianz zu wählen. „Wir sind eine Garantie für Frieden, Entwicklung und auch größere Harmonie in Italien. Der Frühling wird für Italien am kommenden Montag nach unserem Wahlsieg beginnen. Ab Montag werden wir für ein neues Italien arbeiten“, betonte Prodi in seinem Appell. Er kritisierte Berlusconi, der eine Wahlkampagne aus „Schlamm und Verleumdungen“ geführt habe.

In seiner Ansprache setzte Prodi auf die Notwendigkeit, für einen Neubeginn Italiens auf wirtschaftlicher und internationaler Ebene zu arbeiten. Auch das Thema Beschäftigung für die Jugend sei für sein Bündnis prioritär. Hinzu werde seine Mitte-Links-Allianz auf Familie und auf soziale Gerechtigkeit werden.

Auch die katholische Tageszeitung „L’Avvenire“ rief die Italiener auf, an den Parlamentswahlen teilzunehmen. „Nie wie heute war es so wichtig, dass katholische Wähler auf selektive Weise für jene politische Kräfte stimmen, die auf konkrete Weise die Familie verteidigen und ihr eine Zukunft bieten“, hieß es in einem Kommentar der Tageszeitung, die Sprachrohr von Italiens Bischofskonferenz CEI ist. Im Kommentar werden die Leser aufgerufen, über die Familie nachzudenken, die seit langer Zeit „Ziel von Angriffen jeder Art“ ist. Die Mailänder Tageszeitung warnte insbesondere vor der von der Opposition geforderten Legalisierung zusammenlebender Paare. Auch die Einführung von „Homo-Ehen“ verwarf die Tageszeitung als Angriff auf die Familie.

Nach italienischem Recht endet der Wahlkampf am heutigen Freitag. Der letzte Tag vor dem Urnengang am Sonntag und Montag darf nicht mehr für Auftritte und Werbung genützt werden. So soll den Wählern Zeit gegeben werden, eine Entscheidung zu treffen. Die Veröffentlichung von Umfragen war in den letzten beiden Wochen vor der Wahl verboten, jedoch lag Prodis Allianz seit Jahresbeginn stets drei bis sieben Prozent vor jener Berlusconis. Zahlreiche Polit-Experten rechnen daher mit einem Machtwechsel, das Wahlergebnis dürfte aber auf jeden Fall sehr knapp ausfallen. Theoretisch wäre es möglich, dass in Abgeordnetenkammer und Senat nach dem Montag unterschiedliche Machtverhältnisse herrschen, die eine stabile Arbeit unmöglich machen – u.a. weil der Senat Gesetze blockieren kann, die die Abgeordnetenkammer beschließt.

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