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Italien: Koalitionskrise bleibt offen

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi zeigt sich optimistisch, doch die Koalitionskrise in Rom bleibt noch offen. UDC-Chef Follini will der Regierung nicht beitreten.

Am Ende eines Treffens mit dem Chef der Regierungspartei UDC, Marco Follini, erhielt Berlusconi am gestrigen Donnerstag zwar vom turbulenten Bündnispartner die Garantie, dass die christdemokratische Gruppierung nicht aus der Koalition austreten werde, die Wogen in Rom sind jedoch nicht geglättet. Follini, der in den vergangenen Tagen Berlusconis wirtschaftspolitischen Kurs arg kritisiert hatte, will Medienberichten vom Freitag zufolge der Regierung als Minister nicht beitreten, wie ihm der Ministerpräsident angeboten hatte.

„In dieser Phase sind die Bedingungen für meinen Beitritt in die Koalition nicht vorhanden“, sagte der 50-jährige Follini. Er verlangte, dass seine Partei das letzte Wort über den neuen Wirtschaftsminister sagen werde, den Berlusconi als Nachfolger des vor zwei Wochen zurückgetretenen Giulio Tremonti ernennen will.

Die UDC, die seit dem Erfolg bei den EU- und Kommunalwahlen mehr Macht im Regierungsbündnis beansprucht, wehrt sich gegen eine lange Interimsphase, in der Berlusconi auch das Wirtschaftsministerium leitet. Follini bekräftigte zwar seine Bedenken über die wirtschaftspolitische Linie der Regierung und über die föderalistische Reform, versicherte jedoch, dass UDC eine verantwortungsvolle Partei sei, die Italien nicht in eine Regierungskrise stürzen wolle.

Die Nachfolge Tremontis bleibt ein Hauptproblem für Berlusconi, der seit Tagen nach einem hochkarätigen Wirtschaftsminister sucht. Indiskretionen zufolge könnte sich der Regierungschef dazu entschließen, das Wirtschaftsressort in ein Haushalt- und in ein Finanzministerium zu spalten. Die Führung des Haushaltsministeriums könnte Indiskretionen zufolge der amtierende Industrieminister Antonio Marzano übernehmen, während das Finanzministerium unter Kontrolle des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium, Mario Baldassarri, geraten sollte.

Zum heiklen Thema des neuen Wirtschaftsministers meldete sich auch der kranke Chef der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega Nord, Umberto Bossi, zu Wort. Der Reformenminister, der am Donnerstag die Intensivstation des Krankenhauses von Lugano verlassen hatte, in dem er am Wochenende wegen akuter Herzprobleme eingeliefert worden war, telefonierte erstmals seit seiner Erkrankung am 11. März mit Berlusconi. Bossi forderte den Regierungschef auf, den zurückgetretenen Tremonti wieder ins Kabinett zurückzurufen. Tremonti sei laut Bossi eine Garantie für die Stabilität der Regierung.

Die Opposition kritisierte inzwischen die Richtlinien des Wirtschaftsprogramms, den Berlusconi dem Parlament am Mittwoch vorgelegt hatte. „Die Regierung plant die Verabschiedung eines Haushaltsgesetzes mit Maßnahmen im Wert von 20 Mrd. Euro im Jahr 2005. Diese Summe wird sogar auf 30 Mrd. Euro steigen, wenn Berlusconi wirklich die Steuerreform umsetzt. Italien stehen harte Zeiten mit dieser Regierung bevor“, sagte der Linksdemokraten-Chef Piero Fassino.

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